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Silicon Valley – Hype und überschätzt?

27. Oktober 2016, von stephan

Das Tech-Mekka in Kalifornien gilt als großer Innovationstreiber. In einer Harmonie mit den hiesigen Universitäten herrscht eine große Aufbruchstimmung für neue junge Querdenker. Viele der bekannten erfolgreichen Unternehmen sind erst einige Jahre jung und haben doch schon Welterfolg. Ein Paradies für neue Ideen und modernes Business? Die vorherrschenden disruptiven Technologien gelten auch hierzulande als „geheimes“ Erfolgsrezept.  „Wir brauchen mehr Silicon Valley“ hören wir oft als Bedürfnis regionaler Firmen. Doch wie innovativ ist Silicon Valley wirklich? Ich habe mit meiner Skepsis dazu Teresa Hammerl interviewt, sie arbeitet und lebt als Journalistin direkt im Epizentrum.
Geht es in Silicon Valley nicht auch nur um „höher, weiter, mehr“ , bzw. um Profitdenken? Spürst du auch den echten Wandel in der Gesellschaft und Mentalität? 
Es gibt Projekte, die sich genau damit beschäftigen. Diversity ist zum Beispiel ein immer noch sehr vernachlässigtes Thema im Silicon Valley und in San Francisco. Oft wissen Firmen nicht wie sie damit umgehen sollen, wie sie Jobangebote schreiben sollen, die nicht nur weiße, junge Männer ansprechen. Project Include bietet hier etwa Unterstützung und Lösungen an. Das Fotoprojekt Techies zeigt außerdem Geschichten von den unterschiedlichsten Menschen, die im Tech Bereich arbeiten. Andere Projekte mit Sitz in San Francisco, wie CODE2040, wollen mehr AfroamerikanerInnen und LateinamerikanerInnen in Entwicklerjobs bringen. All diese Projekte bewegen sich weit abseits von Schlagzeilen machenden Initiativen von Millionären oder Milliardären – wie beispielsweise der „Chan Zuckerberg Initiative“ von Priscilla Chan und Mark Zuckerberg. Wandel passiert immer im Kleinen und wird von einzelnen Menschen begonnen, deshalb finde ich es unglaublich wichtig, dass man sich genau diese Projekte ansieht, über die nicht ständig von allen gesprochen wird.
Die ansässigen Unternehmen setzen sehr auf Kuschelwiese für Arbeitnehmer. Freie Arbeitszeiten & Co-Working Space für fixe Mitarbeiter. Ist das nicht auch eine Art der Manipulation? 
Ja, viele Startups setzen auf Office Design. Github hat etwa Kojen, in die man sich zum Arbeiten zurückziehen kann, oder einen Besprechungsraum, der wie ein altes Bibliothekszimmer aussieht. Bei Airbnb gibt es Besprechungsräume, die aussehen, wie Unterkünfte in verschiedenen Ländern. Aber das ist, glaube ich, nicht Silicon Valley spezifisch. Das ist eine kleine Auswahl der Startups in San Francisco, viele andere sind im Silicon Valley. Facebook sucht in Menlo Park ständig nach mehr Platz und hat auf einem seiner Gebäude einen gigantischen Dachgarten, auf dem die MitarbeiterInnen auch laufen gehen können. Apple baut gerade an einem neuen Campus, dessen Dach fast ausschließlich aus Solarzellen gemacht wird. Freie Arbeitszeiten kann ich jetzt natürlich nicht für alle beurteilen, vielleicht ist es nicht immer so, dass man von 8 bis 16 Uhr im Büro sitzt, aber bei vielen gibt es durchaus geregelte Arbeitszeiten. Viele Co-Working Spaces haben eigene Bereiche für ganze Firmen, die bei ihnen einziehen. Ja, das ist dann kein Büro, das man alleine hat, aber ich glaube, dass das auch viele Vorteile haben kann, besonders zu Beginn. Runway oder das Impact Hub  und WeWork bieten meiner Meinung nach auch viele Vorteile, wie vorhandene Infrastruktur, Workshops, eine Community und manche auch leichteren Zugang zu InvestorInnen. Und in den abgetrennten Bereichen für ganze Firmen kann man dann trotzdem wieder die Tür zumachen. Das Bild, das alles eine große Spielwiese ist, relativiert sich schnell bei genauerem Hinsehen.

San Francisco hat viele soziale und gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen

Welche echten Innovationen hast du bis jetzt gesehen, die Kultur oder Gesellschaftswandel betreffen? Die Lebenshaltungskosten sind immens, die Einheimischen werden unterdrückt und vertrieben. Ist tatsächlich was dran, am „die Welt besser machen“-Credo der Tech Unternehmen?

San Francisco hat viele soziale und gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen, für die ich sicher nicht die Expertin bin. Der San Francisco Chronicle, zum Beispiel, hat in diesem Jahr ein Projekt gestartet, bei dem er gemeinsam mit 70 anderen Medien das Thema Obdachlosigkeit aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet. Ein erster Einblick in eines der meist diskutierten Probleme in San Francisco. Das ist ein spannender Zugang:  Twitter for Good engagiert sich außerdem zum Beispiel als Tech Company, bekommt dafür aber auch Steuererleichterungen.  Twitter ist aber eines der großen Tech Unternehmen, die sich in San Francisco angesiedelt haben. Viele andere, wie Google, Facebook oder Apple, sind im Silicon Valley und viel weiter von San Francisco entfernt als man denkt. Das sind auch unterschiedliche Stadtverwaltungen, Wohnverhältnisse etc. Wie Tech Unternehmen und die Stadt zusammenspielen, oder eben auch nicht, sieht man sehr schön am Beispiel Airbnb. Hier kam es im letzten Jahr zu einer Abstimmung, bei der die kurzzeitig vermieteten Wohnungen stärkeren Auflagen unterlegen wären. Airbnb hatte zu dieser Zeit eine sehr kontroverse Plakatkampagne.  Ich glaube nicht, dass man so einfach sagen kann, dass die Tech Unternehmen an allem Schuld sind. Teure Mieten, die Tatsache, dass sich LehrerInnen oft das Leben in der Stadt nicht mehr leisten können oder Obdachlosigkeit sind so vielschichtige Themen, dass man das alles nicht nur in einen Absatz packen kann. Hauspreise, in beispielsweise Palo Alto, sind außerdem noch ein ganz eigenes Kapitel. Kim-Mai Cutler hat über den Wohnungsmarkt in und rund um San Francisco schon sehr viel geschrieben. Ich für mich kann nur sagen, dass ich es sehr wichtig finde, dass jeder und jede, soweit es einem möglich ist, einen Beitrag dazu leistet andere zu unterstützen. Ich unterstütze beispielsweise einmal pro Woche eine Volksschülerin dabei, besser lesen zu lernen, das Programm heißt Reading Partners. Außerdem habe ich als Volunteer schon mal bei Dress for Success mitgeholfen und ich kann nur alle anderen ermutigen, sich ebenso ein oder zwei Projekte zu suchen, für die man sich engagieren möchte.
Silicon Valley wirkt sehr aufgeblasen und exklusiv – und erinnert dabei etwas an Bankzentren wie Wall Street oder Frankfurt. Ist das deiner Meinung nach der richtige Weg in die Zukunft?
Diese Diskussion äußert sich gerade auch sehr schön um den Investor, Milliardär und das Facebook Aufsichtsratsmitglied Peter Thiel, der 1,25 Millionen US-Dollar an Donald Trump gespendet hat. Die Frage, ob man deswegen etwa den Accelerator Y Combinator, wo Thiel involviert ist, boykottieren soll, polarisiert gerade.  Viele der VCs schaffen sich eine eigene Welt, in der es um Geld und vor allem auch Macht geht. Ja, natürlich ist das auch im Silicon Valley so. Der richtige Weg in die Zukunft ist meiner Meinung nach, dass sich Startups ihre Investoren selbst sehr gut aussuchen. Werte und mehr Diversity sind hierbei wichtige Stichworte. Hello Angels ist meiner Meinung nach ein positives Beispiel, 500 Startups hat vor kurzem die erste afroamerikanische Venture Partnerin eingestellt. Dieses Foto  der bekannten VC-Firma Andreessen Horowitz ist ein gutes Beispiel, was man sich unter Diversity im Silicon Valley normalerweise vorstellen kann. Für Startups ist es aber auch wichtig zu sehen, dass es noch weitere Metropolen gibt und Silicon Valley nicht alles ist. Für viele wäre der Markt alleine hier auch gar nicht ausreichend. Andere, für Startups attraktive Städte könnten da etwa Austin oder Boston in den USA, Tel Aviv, Berlin oder London sein, um nur einige wenige zu nennen. Ein Blick über den Tellerrand, der in diesem Fall das Silicon Valley ist, ist entscheidend.
Was ich noch hervorheben will, was mir so die ersten Male hier aufgefallen ist:
 San Francisco ist nicht das Silicon Valley. Menlo Park (Facebook), Cupertino (Apple) ist echt weit weg von SF, der Verkehr hier ist besonders zu den Stoßzeiten echt heftig. Ich fahre nie mal eben kurz nach Menlo Park, das mach ich nur, wenn es wirklich notwendig ist.
 Obdachlosigkeit ist eine der Herausforderungen der Stadt, die sehr präsent ist, wenn man sich auf den Straßen bewegt. Nicht wegschauen, sondern sich damit beschäftigen, hab ich mir vorgenommen.
 Techie ist für manche in SF fast schon zum Schimpfwort geworden, das finde ich sehr negativ. Nicht zuletzt deshalb finde ich es immer sehr wichtig, dass man sich selbst differenzierter damit beschäftigt.
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Stephan

Meine Rolle bei Liechtenecker: langgedienter Frontend-Veteran Wenn es weder IT noch Digitalisierung gäbe, wäre mein Beruf: Förster ohne Kontakt zu Menschen! Mein Herz schlägt für: die Arterien.
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