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Design Sprint – 4 Vorurteile im Check

28. August 2018, von Marion

Der Design Sprint ist ein Prozess von Google Ventures, mit dem man in nur 5 Tagen durch die Entwicklung und Testung eines Prototypen erfolgsentscheidende Fragestellungen beantworten kann. Obwohl diese Methode das Maximum an Effizienz verspricht, gibt es viele Vorurteile in Unternehmen, die einer Durchführung im Weg stehen. Weil ich das sehr schade finde und überzeugt davon bin, dass viele Projekte einen Design Sprint wirklich gut gebrauchen könnten, ist es mein Ziel in diesem Blogartikel mit folgenden Vorurteilen aufzuräumen:

1. Ein Designs Sprint ist viel zu teuer und benötigt zu viele Ressourcen

Das ist das bekannteste und gleichzeitig am wenigsten treffende Argument, das ich zu diesem Thema gehört habe (mehr dazu gibt’s auch in meinem Beitrag über das CX-Forum). Ein Design Sprint bedeutet, dass man fünf Tage lang bis zu sieben wichtige Personen vom Tagesgeschäft freistellen und Geld für externe Planung und Moderation des Design Sprints in die Hand nehmen sollte. Das fühlt sich nach viel Investition für nur 5 Tage an, oder? Ist es aber nicht!

Die Methode hat unter Beweis gestellt, dass sie funktioniert.

Wenn man eine Problemstellung hat, für die man extra ein Projekt ins Leben ruft, dann kann man davon ausgehen, dass es länger als 5 Tage dauern wird, relevante Fragestellung zu beantworten – egal ob man dieses Projekt agil aufsetzt oder nach dem Wasserfall-Prinzip. Im Endeffekt fließen meist mehrere Monate an Arbeitszeit und auch einiges an Investitionen in das Projekt, bis man ein erstes Gefühl dafür bekommt, ob eine Lösung funktioniert bzw. der Weg, den man sich ausgesucht hat, der richtige ist. Ohne einen Design Sprint tätigt man also über einen längeren Zeitraum meist mehr Investitionen und findet viel später heraus, ob die angedachte Lösung funktioniert oder nicht.

Und ja, es besteht auch die Möglichkeit, dass man einen Design Sprint durchführt, um herauszufinden, dass eine Lösung nicht funktioniert. Also 5 Tage an Ressourcen (sowohl personell als auch monetär) verschwendet? Nein. Denn man hat sich in Wahrheit die viel höheren Investitionen erspart, die auf ein Unternehmen zukommen, wenn man das Projekt gänzlich falsch ausrichtet und nach einem halben Jahr oder Jahr die Nachricht bekommt, dass die angedachte Lösung nicht angenommen wird.

2. Man kann in nur einem Tag keinen Prototypen entwickeln

Im Ablaufplan eines Design Sprints ist ein Tag für die Entwicklung des Prototypen, der am letzten Tag getestet wird, eingeplant. Das lässt viele an der Qualität des Prototypen und der Aussage, die man durch den Test erhält zweifeln. Hier muss man jedoch genauer darüber nachdenken, was man wirklich testen will. Im Zuge eines Design Sprints geht es darum zu überprüfen, wie Nutzer eine Idee bzw. eine neue Lösung annehmen. Verstehen sie was gemeint ist, sind bestehende Annahmen richtig oder entwickelt man an dem Bedarf der Nutzer vorbei und sie stoßen sich am Ende an etwas, an das man als Unternehmen nie gedacht hätte?

Um das herauszufinden, ist es meist völlig ausreichend, einen Prototypen der Nutzeroberfläche zu gestalten. Auch bei einem fertigen Produkt oder Service ist die Nutzeroberfläche die Schnittstelle zum User, die Verbindung zu allen weiteren Prozessen, die sich im Hintergrund abspielen. Wenn man es also schafft, diese Oberfläche und das was sie dem Nutzer bieten soll, so real wie möglich in einem Prototypen abzubilden, ist es völlig egal was dahinter passiert und wie. Es muss eine Fassade gebaut werden, die im Hintergrund ruhig manuell gesteuert werden kann, solange sie dem Kunden den Ablauf vermittelt.

Das müsste ja eine richtige ‚Wundermethode‘ sein, dieser Design Sprint.

So ein Prototyp kann also ein reiner Screen-Klickdummy sein, bei dem erste Skizzen im Hintergrund verlinkt werden (beispielsweise erstellt mit Invision, Keynote/Powerpoint oder Prototyping-Apps wie POP). Und schon kann sich der Nutzer vorstellen, wohin er gelangt, wenn er auf einen Button klickt bzw. wie der Prozess aussieht und ihn auch beurteilen.

Ein Tag kann auch für den Bau eines solchen Klickdummys durchaus ambitioniert sein, aber auch hier gilt zu bedenken, dass man meist nur einen Ausschnitt eines Produktes oder Services testen muss, um die relevanten Fragen zu beantworten. Die Tage davor wurden außerdem genutzt, um einen Fokuspunkt auszuwählen und dieser ist wohl überlegt. Man hat also einen Tag Zeit, an dem sich das gesamte Team nur der Entwicklung des Prototypen widmet und die Aufgaben unter sich aufteilen kann. Unter diesen Aspekten ist ein Tag schon wieder ein durchaus realistischer Zeitraum.

3. Das ist nur wieder eine weitere Methode von vielen.

JEIN. Natürlich ist ein Design Sprint eine von vielen Methoden, die man benutzen kann – aber eine sehr effiziente, die über Jahre optimiert wurde. Jake Knapp (der Autor des Buches „Sprint – wie man in nur fünf Tagen neue Ideen testet und Probleme löst“) arbeitete bei Google Ventures über Jahre daran, den Sprint-Prozess zu testen und ihn so effektiv wie möglich zu gestalten. Der Prozess wurde mit über hundert Start-ups aus dem Google Ventures Portfolio getestet und hat Unternehmen wie Slack, Uber und Runtastic geholfen, kritische Fragen zu beantworten und neue Features zu entwickeln.

Kurz gesagt: Die Methode hat unter Beweis gestellt, dass sie funktioniert. Darum sollte man sich, speziell bei den ersten Design Sprints auch nicht vornehmen, den Prozess zu kürzen oder stark anzupassen. Wenn man erst einmal einiges an Erfahrung gesammelt hat, kann man den Prozess auch adaptieren, aber zu Beginn sollte man sich lieber auf die Profis verlassen. Natürlich ist gerade bei den Time-Slots eine gewisse Flexibilität vorhanden und gewünscht, aber es macht keinen Sinn, den Sprint von Anfang an zu kurz anzusetzen und dann vom Ergebnis enttäuscht zu sein.

Außerdem ist es wichtig, einen guten Sprint-Leiter zu finden, der mit dem Prozess vertraut ist und sich voll und ganz auf den Ablauf und die Führung des Teams konzentriert. Die restlichen Teilnehmer sollten sich nur mit den Inhalten auseinandersetzen und keine Gedanken an den Ablaufplan verschwenden müssen.

4. Unsere Fragestellung ist zu komplex für einen Design Sprint

Wie komplex ist zu komplex? Man muss bedenken, dass wir in einer komplexen Zeit leben und damit auch Problemstellungen sehr schnell eine gewisse Komplexität an den Tag legen. Konnektivität und Digitalisierung tragen ihren Teil dazu bei. Gerade deswegen kommen uns auch unsere Herausforderungen meist viel zu wichtig und zu KOMPLEX vor, als dass man sie in nur fünf Tagen lösen könnte. Das müsste ja eine richtige „Wundermethode“ sein, dieser Design Sprint.

Ein Problem kann ‚zu einfach‘ für einen Design Sprint sein.

Auch hier gilt aber: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Das bedeutet, dass ein Design Sprint natürlich nicht nach nur fünf Tagen die Komplexität unserer Umwelt auflösen und ein Unternehmen an den Zenit des Erfolges führen wird. Was er aber durchaus tun kann: Die richtigen Personen zusammenzubringen, die das richtige Wissen miteinander teilen, um auf Basis dessen einen kritischen Punkt auszuwählen, den sie überprüfen und damit erfolgsentscheidende Fragen für das Unternehmen beantworten. Das in nur fünf Tagen zu schaffen, ist schon viel mehr als einige Projekte in einem halben Jahr voranbringen.

Die Herausforderungen, die man mit einem Design Sprint bearbeitet, können dabei ganz unterschiedlich sein. Hier ein paar Beispiele:

  • Wie muss der Onlineshop einer Kaffeehauskette aussehen, der dasselbe Erlebnis bietet wie der Coffeeshop vor Ort?
  • Wie können wir mehr Krebspatienten dazu bringen an klinischen Tests teilzunehmen?
  • Wie soll ein selbstfahrendes Auto aussehen?
  • Wie profitabel ist ein neuer Geschäftszweig?
  • Wie soll die Strategie für nächstes Jahr aussehen?

Sprints wurden nicht nur für vielfältige Herausforderungen, sondern auch in den verschiedensten Branchen durchgeführt und haben sich bewährt. Ein Problem kann also kaum zu komplex sein für einen Sprint, da man sich ohnehin immer auf einen bestimmten Aspekt des Problems konzentrieren wird. Ein Problem kann jedoch „zu einfach“ für einen Design Sprint sein. Wenn die Klärung einer Frage ohnehin in weniger als fünf Tagen erfolgen kann, ist es definitiv nicht sinnvoll, einen Design Sprint durchzuführen.

 
Alles in allem unterscheidet sich der Design Sprint in seiner Wirksamkeit (die von Google Ventures und zahlreichen Unternehmen belegt wurde) durchaus von vielen anderen Methoden am Markt und ist eine ressourcenschonende Art, mit Hilfe der Entwicklung eines Prototypen, Antworten auf komplexe Fragestellungen zu erhalten.

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Marion

Meine Rolle bei Liechtenecker: Powerfrau im Bereich Content UX & Innovationsmanagement, Schöpferin von Präsentationen und Workshop Designs Wenn es weder IT noch Digitalisierung gäbe, wäre mein Beruf: Chefin von irgendwas/irgendwem Mein Herz schlägt für: Gute Geschichten, Fashion, gesundes Essen, Reisen, verrückte Menschen, neue Erfahrungen
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