Vor etwa einem Jahr bin ich nach Wien zurückgekehrt. Nach Studium, diversen Klein-Jobs und ein bisschen die Welt-sehen-wollen war ich nun bereit für das richtige Leben. Der Alltag kann kommen. Es wird Zeit, erwachsen zu werden. Statt Bierdosen am Fußboden nun Feuchttücher am Klo. Muss ja schließlich irgendwann.
Ich machte mich bereit, wieder in den Agenturdschungel einzusteigen. Die Arbeit zwar belanglos, die Deadlines immer zu knapp, unbezahlte (sowie unzählbare) Überstunden, die Mitarbeiter aber hoffentlich nett. Oder ganz was anderes: Ein strikter 9-to-5-Job. Täglich für den Feierabend leben, die 8 Stunden hassen, aber sich so ein bisschen in dieser Opferrolle suhlen. „Wie geht’s da in da Hockn?“ „Gschissen“. Wien, ich fühlte mich bereit für dich. Dass es etwas gibt, das tatsächlich anders ist, war mir nicht bewusst.
Gibt es, ist krass
Als ich zu Liechtenecker kam, war die Entscheidung bereits gefällt: Keine Agentur mehr, keine Pitches, kein Marketing im klassischen Agentursinn. Man spürte die Aufregung und Euphorie. Ziele wurden gesteckt, die abseits von Umsatz und Profit stattfinden. Das Liechtenecker-Lab war gerade geboren worden. Mit ihm aber auch ein kleines Fragezeichen, wie es denn nun weitergehen solle.
Unser Credo lautet: Das Leben besser machen. Das klingt vielleicht ein bisschen nach in-der-Blumenwiese-tanzen-und-singen, in der Realität heißt das aber: anpacken. Wir glauben an die Digitalisierung und dass sie große Chancen für mehr Lebensqualität birgt. Wir sehen, dass der Fokus in vielen Unternehmen auf den Menschen verloren gegangen ist. Wir sind aber davon überzeugt, dass in Zukunft der erfolgreich sein wird, der seine Kunden versteht und auf deren Bedürfnisse eingeht.
Man spricht gerne von der Wirtschaft, als wären Unternehmen ein abgekapseltes System. Das ist Unsinn.
Das Verhältnis Kunde-Unternehmen muss also gestärkt werden. Dabei wird oft vergessen, wer diese beiden Seiten denn im ursprünglichsten sind: Menschen. Man spricht dann gerne von der Wirtschaft, als wären Unternehmen ein abgekapseltes System. Das ist Unsinn; sie sind Teil der Volkswirtschaft und als Teil unserer Gesellschaft maßgeblich am Zusammenleben von uns allen beteiligt. „The social responsibility of business is to increase its profits“ hatte es in den 1970er Jahren bei Milton Friedman noch geheißen. Soziale Verantwortung – oder grob gesprochen Ethik – war nichts, was man mit Unternehmen oder dem Wirtschaften assoziiert hätte. Gut 40 Jahre später würden wir uns den Satz in etwa so wünschen: „The duty of business is to be socially responsible.“
Die Zeiten – und mit ihnen die Gesellschaft und ihre Herausforderungen – haben sich verändert. Das gilt für die Arbeitgeberseite genauso wie für die der Arbeitnehmer. Für uns Mitarbeiter soll der Job nicht in erster Linie Arbeit sondern Erfüllung, Spaß, Herausforderung sein. Wir wollen nicht arbeiten, um uns über die Runden zu bringen, sondern um Runde für Runde Erfahrungen zu machen, zu lernen und besser zu werden. Wenn das auch noch nach Werten passiert, die wir nicht nur gut finden, sondern die gemeinsam entwickelt werden, umso besser. Dienst nach Vorschrift können (und wollen) wir uns gar nicht mehr vorstellen. Strikt hierarchische Systeme verhindern Eigeninitiativen, erzeugen kleine Bunker, aus denen auszubrechen kaum möglich ist. Jürgen hat vor Kurzem einen Artikel über seine Rolle als Chef und die Chancen der Holokratie geschrieben. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Danke.
Kooperationen leben von Fairness, Vertrauen und Empathie.
Zu Mehrwert steuern
Das Wertesystem hat sich verändert. Das fällt nicht nur beim Blick auf die Wünsche bezüglich unseres unmittelbaren Arbeitsplatzes auf, sondern auch, was wir generell von Unternehmen erwarten. Der Wunsch nach Wirtschaftsethik wächst. Im produzierenden Gewerbe wird das „Wie“ wichtiger als das „Wie viel“. Ausbeutung und Working Poor sind keine Rezepte für ein gesundes Miteinander, Geiz ist relativ selten geil. Die Menschen wollen Fairness. Ohne die Bereitschaft miteinander zu arbeiten, hätte sich die Menschheit nicht so entwickeln können, wie sie es gemacht hat. Und Kooperationen leben von Fairness, Vertrauen und Empathie.
Nun sind wir aber Dienstleister. Wir betreiben keine Baumwollplantagen oder schrauben Devices zusammen. Wo also – abseits unserer Konsumgewohnheiten – liegt unsere Möglichkeit Fairness zu praktizieren?
Die Antwort ist einfach: Bei Projekten, die wir gemeinsam mit Partnern umsetzen. Wir sind glücklicherweise in der Lage, nicht alles machen zu müssen, was uns angeboten wird. Wir können wählen. Bringt das Projekt etwas? Hat es den richtigen Fokus? Bringt es den Menschen tatsächlich einen Mehrwert? Und wenn wir das bejahen können, sind wir Feuer und Flamme. Und das hat nicht nur moralisch-ethisch-gesellschaftliche Gründe. An Projekten zu arbeiten, die gut sind, bringt eine Motivation mit sich, die man sich sonst nur mit viel Geld und „in zwei Jahren bin ich hier eh raus“ erkaufen könnte. So funktionieren wir nicht.
Seit knapp einem Jahr bin ich nun Teil der Liechteneckers. „Wie geht’s da in da Hockn?“ Prächtigst, danke.
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