Das Parlament ist der Sitz der Legislative. Dort werden also die Gesetze beschlossen, die die Spielregeln für unsere Gesellschaft definieren. Das gilt für alle Bereiche, von Strafgesetzen und Tierschutz über die Straßenverkehrsordnung bis hin zu Datenschutz und Urheberrecht. Die Gesetze müssen immer wieder angepasst werden, vieles verändert sich. Trends setzen sich durch oder verschwinden wieder, neue Player erscheinen am Markt, die auf bisher ungeahnte Geschäftsmodelle setzen, neue Technologien werden zugänglich und verändern wie wir bspw. Musik konsumieren oder den Personennahverkehr nutzen (wollen). Für viele Aspekte braucht es Spielregeln, die einerseits darauf achten, dass es fair zugeht, und andererseits muss sichergestellt werden, dass Österreich bei den neuen Technologien und Innovationen vorne mit dabei sein kann. Dazu sollte man als Parlament so früh wie möglich überblicken, was sich weltweit im gesellschaftlichen und technischen Bereich tut. Aber wie sollen die Parlamentarierinnen und Parlamentarier wissen, welche Themen auf uns zukommen und welchen Einfluss sie auf uns haben werden? In den wenigsten Fällen haben sie tiefgehendes technisches Know-How.
Foresight und Technikfolgenabschätzung
Hier wird’s spannend: Seit Mitte 2017 erhält das Parlament halbjährlich einen Bericht mit dem etwas sperrigen Titel „Foresight und Technikfolgenabschätzung: Monitoring von Zukunftsthemen für das Österreichische Parlament“. In diesem Bericht wird über aktuelle sozio-technische Entwicklungen und Trends informiert und eine Abschätzung darüber gegeben, worauf worauf es zu achten gilt.
Acht besonders aktuelle Themen werden als “Vertiefungsthemen” verhältnismäßig genau behandelt. Sie beinhalten neben einer Zusammenfassung und einem detaillierten Überblick über das Thema auch den Grund, warum diese Entwicklung relevant für das Parlament ist und einen Vorschlag, wie weiter zu verfahren ist. Die anderen Themen werden in den drei Clustern “Informationsgesellschaft und Digitalisierung”, “Nachhaltigkeit, Bioökonomie & Life Sciences” und “Prozessinnovationen” eingeteilt und auf etwa einer Doppelseite kurz zusammengefasst.
In unserem Podcast besprechen Susanne und Maja diesen Bericht bzw. die aus unserer Sicht spannendsten Themen daraus. Für diejenigen, die lieber lesen als zuhören, fasse ich die Themen auch in unserem Blog noch kurz zusammen. Beginnen wir mal mit dem ersten Thema:
Biobasierte Zukunftsmaterialien: Vom Laborleder bis zum Superholz
Der Mensch lernt schon immer von der Natur, das ändert sich auch in Zeiten der Biotechnologie nicht. So können z.B. schnellwachsende Holzsorten mithilfe von Nanotechnologie zu einer Art „Superholz“ umgewandelt werden, das viel leichter als Stahl ist und vor allem in der Automobil- und Flugzeugindustrie eingesetzt werden könnte.
Eine andere Entwicklung von Material, das auf dem Beobachten der Biologie basiert, ist eine neue Form des Leders. Weil Leder in Europa aufgrund von Umweltauflagen vergleichsweise teuer und aufwendig herzustellen ist, könnte die neuartige Erschaffung von Leder interessant sein: genveränderte Hefezellen produzieren flüssiges Kollagen, das in Form gebracht und in einem umweltfreundlichen Gerbprozess fertig gestellt wird. Das Endprodukt ist “natürliches” Leder ohne natürliche Tiere. Ein kuhhautgroßes Stück Laborleder wachsen zu lassen, dauert etwa zwei Wochen. Neben der Schadstoffarmen Herstellung punktet das Laborleder mit einer gleichbleibenden Qualität. Außerdem wäre es möglich, die Materialeigenschaften exakt auf das Anwendungsgebiet abzustimmen.
Ein kuhhautgroßes Stück Laborleder wachsen zu lassen, dauert etwa zwei Wochen.
Aber auch Geflechte auf Pilzfäden (Myzelien) werden aufgrund ihrer Beschaffenheit, die Kunstoff sehr ähnelt, immer öfter eingesetzt, wenn es bspw. um Verpackung geht. Aber auch als Baustoff wird den Myzelien – sobald die Herstellung nicht mehr so teuer ist – in Zukunft eingesetzt werden können.
Generell geht es in diesem Abschnitt um Forschungen, die es ermöglichen, umweltschonender und nachhaltiger zu produzieren, aber auch für den Umgang mit problematischen Abfallprodukten aus Kunstoff scheint ein vielversprechender Lösungsansatz gefunden:
Vor einigen Jahren haben Forscher Bakterien entdeckt, die Kunststoff zersetzen können. 2018 wurden eine optimierte Enzymvariante gefunden, die PET um ein Vielfaches schneller zersetzt. Ziel ist es, dieses Enzym für das bioinspirierte Recycling von Kunststoffen nutzbar zu machen.
Bioinspirierte Materialien werden also in den verschiedensten Bereichen Veränderung mit sich bringen. Österreich hat mit Forschungseinrichtungen wie Wood-K-Plus (Entwicklung von Holz-Verbundstoffen), der Montanuniversität (metallische Rohstoffe), der Universität für Bodenkultur (biotechnologische Materialien) und der Universität Innsbruck (Forschungsplattform „Advanced Materials“) umfassendes Know-How im Land.
Maja spricht über die biobasierten Materialien übrigens in der Leseliste #31.
Den Bericht kann man sich direkt auf der Website des Parlamentes herunterladen: https://www.parlament.gv.at/SERV/STUD/FTA/
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