Gestern fand die We Are Developers Konferenz, knapp außerhalb von Wien, in Perchtoldsdorf statt. Die Nebenveranstaltung der Überall Konferenz, richtet sich (Überraschung) hauptsächlich an Entwickler. Schon vor einer Woche hatte ich das Vergnügen ein Ticket zu gewinnen und durfte nun für Liechtenecker live dabei sein.
Die Location
Eine erfreuliche Überraschung war der Veranstaltungsort. So wurde in die frisch renovierte Burg in Perchtoldsdorf eingeladen. Wer dadurch einen etwas längeren Anfahrtsweg hatte, wurde durch die modernen Räumlichkeiten etwas getröstet. Neben zwei großen Sälen für die Konferenzen, gab es zahlreiche großflächige Chillout-Zonen. Natürlich fand die Überall Konferenz im großen Burgsaal und die We Are Developers Konferenz im kleinerem Festsaal statt. Verständlich, bei einem Ticketpreisunterschied von €500! Kann ein Konferenzticket so viel wert sein? Na ja, das wäre wohl ein Thema für einen neuen Artikel.
Insgesamt auf jeden Fall eine super Location für große und kleine Veranstaltungen. Nur der Beamer im Festsaal sollte erneuert werden.
Das Programm
Wie vorab angekündigt war die gesamte Veranstaltung tatsächlich sehr vielseitig und das Programm ausgesprochen abwechslungsreich. Neben Entwicklern, war von CEOs bis Evangelisten alles auf der Bühne vertreten. Das Ziel war klar: Ein breites Programm, um so viele Entwickler wie möglich anzusprechen. Hier ein kurzer Überblick aller Talks.
Internet of Things
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Daniel Kalbeck, der neben seinem Talk auch als Host am Vormittag präsent war. In seinem Talk ging es um Internet of Things und die Erfahrungen die seine Firma Kalbeck Ventures damit schon gemacht hat.
Sometimes, a little bit of cheating is ok. (Daniel Kalbeck)
Neben zahlreichen spannenden realen Beispielen konnte Daniel auch gut die Unterschiede zu „normalen“ Applikationen und deren Herausforderungen aufzeigen. Zum Beispiel hatten sie einen Kunden mit einer speziellen Photovoltaik Anlage mit Batterie, die überschüssigen Strom speichern kann. Eigentlich schon so, sehr genial. Doch da die Anlage im Keller quasi unsichtbar war, ging der Mehrwert für den Kunden etwas unter. Den Unterschied machte eine zusätzliche App, die dem Kunden den Mehrwert visuell noch einmal aufbereitet hat.
Auch etwas Schummeln ist manchmal ok. Technische Statistiken sind nicht immer attraktiv. Etwas Nachhelfen ist vertretbar, wenn die Aussage erhalten bleibt und dadurch die Visualisierung profitiert.
Location Based Services
It’s like Google Analytics for the real world. (Thomas Hinterleithner)
Thomas Hinterleithner hat uns in seinem Talk die Einsatzmöglichkeiten von Location Based Services näher gebracht. Für Personen wie mich, deren Beacon-Wissen noch recht beschränkt war, war auch hier einiges Neues dabei. Besonders im Indoor-Bereich, wo GPS nicht gut funktioniert, werden Beacons schon zahlreich eingesetzt. Auch interessant war, dass Facebook jetzt Beacons gratis ausgibt oder wie der Einsatz bei GameStop derzeit schon aussieht.
Die Anzahl an Möglichkeiten sind enorm. Interessant wird nur sein, wie verhindert wird, dass diese Funktionen für Spam benutzt werden. Ich glaube niemand möchte, dass sein Handy bei jedem Produkt in einem Shop plötzlich zu läuten beginnt.
Get your app promoted and downloaded where it is relevant. (Thomas Hinterleithner)
Insgesamt ist der Vortrag jedoch nicht so gut angekommen, da sehr viel Werbung darin verpackt war.
Microsoft is Back
Apropos Werbung :-). Microsoft ist zur Zeit wieder viel unterwegs. Durch Zahlreiche Änderungen in ihrer Philosophie und ihren Produkten, sticht die Firma wieder positiv hervor und das muss natürlich auch nach außen getragen werden. Deshalb waren zwei technische Evangelisten vor Ort. Ganz vorne am Programm stand natürlich Windows 10 und der „cross-platform app building“ Ansatz.
bing? Haven’t heard of, let me google that. (Georg Binder)
Für einen Werbevortrag war dieser aber recht lustig und unterhaltsam. Besonders Selbstironie ist hier immer sehr gern gesehen und auch die Themen gehen da bei Microsoft nie aus. Die Zeit war aber nicht ausreichend, um einen genaueren Einblick zu bekommen.
Digitalization – Cultural Transformation In the Workplace
Als nächster durfte Markus Hinterleitner, Head of Websystems and eBusiness bei der REWE Group International, auf die Bühne. Leider konnte ich mit diesem Thema relativ wenig anfangen.
Die REWE Group ist ein Großkonzern dem es schwer fällt mit der raschen technischen Entwicklung mitzuhalten. Sie sind mit ihren Projekten oft zu spät dran, da sie einfach zu lange dauern. Ihnen fehlen außerdem moderne und agile Prozesse, ohne die man heutzutage einfach nicht mehr auskommt. Das erleben wir oft, denn bei vielen großen Firmen gibt es diese Probleme. Daher war für mich bei diesem Talk leider wenig Neues dabei.
Engineering Culture
Die Überraschung des Tages war für mich Michael Feichtinger, Head of Development von karriere.at. Er hat uns seine geheimen Zutaten für ein erfolgreiches Software-Produkt und das Team dahinter verraten. Wer jetzt aber schnelle neue Wundermittel erwartet, den muss ich vertrösten. Die Zutaten sind uns allen schon bekannt:
- Communication
- Process
- Quality
- People
Interessant war jedoch wie sie diese Kultur bei sich selbst geschaffen haben. Die erste wichtige Erkenntnis ist: Es gibt keine fertigen Lösungen. Prozesse, Tools und Richtlinien sind immer nur Lösungen für genau ein konkretes Problem. Jeder muss seine eigenen Lösungen, für seine eigenen Probleme finden. So verwenden sie zwar Scrum, aber haben eine eigene Variante für sich entwickelt, die zu ihren Projekten und dem Team dahinter passt. Genau das muss auch das Ziel sein.
Happiness increrases with freedom. (Michael Feichtinger)
Bei der zweiten wichtigen Erkenntnis geht es um das Anfangen. Wenn man beispielsweise beginnt Prozesse für sein Team zu entwickeln, weiß man oft nicht wo man anfangen soll. Ob Code Reviews, Deployment oder Testing, es gibt so viele Stellen die optimiert werden können. Damit man davon aber nicht überwältigt wird, muss man einfach anfangen. Ein Prozess nach dem anderen.
How to Create Software That People Want?
Thomas Schranz ist CEO & Co-Founder von Blossom. Ein Projektmanagement Tool, das unter anderem von Apple, Facebook oder Netflix verwendet wird. Das ist sehr beeindruckend für ein Projekt aus Österreich (ohne unser Land schlecht machen zu wollen). Darum waren wir auch alle sehr gespannt, was hinter so einer erfolgreichen Software steckt.
Don’t make customers happy, make happy customers. (Dharmesh Shah)
Es gibt viele Komponenten die ein gutes Produkt ausmachen. Design, User-Experience und Performance sind nur einige davon. Außerdem muss man den Nutzer kennen, wobei Peronas helfen können. Thomas geht aber einen Schritt weiter. Peronas sind zu wenig. Es geht um die einzelnen Situationen in denen sich der Nutzer befindet. Er muss wirklich verstanden werden. Wenn jemand z.B. Hunger hat, ist es ihm egal ob er ein Steak in einem 5 Sterne Restaurant oder eine Pizza isst. Die Nutzer dürfen nicht auf einzelne Personen reduziert werden.
Aim for compassion, not empathy. (Thomas Schranz)
Nur wer hier einen Schritt weiter denkt kann ein Produkt schaffen, das wirklich gebraucht wird.
Platforms Are the New Frameworks
Roman Kuba kenne ich schon seitdem ich in seinem Freifach an der FH St.Pölten gesessen bin. Schon damals hat er gerne sein Wissen geteilt und daran hat sich bis heute nichts geändert. Er arbeitet bei dem bekannten Österreichischen Startup Codeship als Lead Frontend Developer.
We need better Developer Experience. (Roman Kuba)
Er kennt die täglichen Hürden eines Entwicklers und die vielen neuen Frameworks gehören auf jeden Fall dazu. Jeden Tag poppen neue davon auf und jedes ist das einzig Wahre. Auch unsere Tool-Chain wird immer länger und beinhaltet oft dutzende Tools und mehre Programmiersprachen.
Eine Lösung dafür bietet seiner Meinung nach Meteor. Eine All-in-one JavaScript Framework Lösung für Web und Mobile Applikationen. Das Framework basiert auf Node.js und deckt damit server-side and client-side Code gleichzeitig ab. Auch das komplette Asset-Handling wird übernommen und Tools wie Gulp oder Grunt sind überflüssig.
All-in-one Lösungen haben leider auch oft Nachteile. Je mehr Arbeit dir abgenommen wird, desto mehr „Magic“ passiert im Hintergrund. Hier wäre interessant zu sehen, ob das bei Meteor auch ein Nachteil ist und wie es sich bei realen Projekten auswirkt.
How To Develop Innovative, Scalable Systems?
Mein Highlight des Tages war der Talk vom Max Kossatz. Eine Person die ich genauso wenig kannte, wie seine Firma (hitbox). Das hat sich geändert!
Hitbox, sounds stupid but is good market. (Max Kossatz)
Von Beginn an klebten die Besucher an seinen Lippen denn Max präsentierte nicht nur super locker und lustig, sondern das Thema war auch wirklich interessant für Entwickler. Er schilderte uns die Probleme, die sie mit ihrem Online Chat für ihre Streams hatten. Die Anforderungen an einen Chat ändern sich nämlich schnell, wenn man plötzlich 1000, 10.000 oder sogar 100.000 Teilnehmer hat, die wie wild in die Tasten klopfen. Hier hatten sie einige Learnings und diese hat er mit uns geteilt. So stößt man z.B. mit PHP und Mysql schnell an Performance Grenzen.
Ich finde immer die Talks am besten, die von realen Problemen erzählen und uns damit daran teilhaben lassen. Natürlich spricht niemand gerne über „Fehler“ oder Probleme. Doch genau das ist wirklich spannend und dabei lernt man wirklich etwas. Nebenbei macht das auch sympathisch. Ich werde es mir auf jeden Fall genau überlegen, bevor ich beginne so einen Chat zu entwickeln.
Components in AngularJS and React
Auch beim Talk von Ali Sharif, Software Engineer bei 25th-floor, dreht sich alles um JavaScript Frameworks. Speziell hat er Angular JS und React von Facebook unter die Lupe genommen und die Unterschiede vorgestellt. Beide gehören zu den größten und beliebtesten Frameworks und auch beide haben ihre Berechtigung im Web. Während der Einstieg in Angular JS recht einfach ist, schaut es bei React etwas anders aus. Es sticht mit strikten neuen Konzepten hervor, die sich nicht sofort richtig anfühlen. Daher braucht es oft etwas Zeit sich an das Arbeiten mit React zu gewöhnen. Es ist aber sicher das derzeit am schnellsten wachsende JavaScript Framework und hat mit Facebook einen starken Partner an Board.
Die Unterschiede liegen im Detail und für jedes Projekt muss man selber entscheiden was dazu und zum eigenen Arbeitsstil passt. Ihre Berechtigung haben auf jeden Fall beide.
How to design an awesome API
Während man immer mehr unterschiedliche Applikationen auf unterschiedlichen Geräten unterstützen muss, wächst der Anspruch an APIs. Sie bilden einen zentralen Punkt für Datenaustausch der überall eingesetzt werden kann. Michael Schärfer, Head of Development diamond:dogs, kennt diese Anforderungen sehr genau und hat seine Tipps für gute APIs parat.
Always design your API first. (Michael Schärfer)
Jede neue API sollte auf alle Fälle auf dem Blatt Papier, oder zumindest auf der digitalen Variante begonnen werden. Nur wer sich die Anforderungen vorher schon überlegt, kann die passenden Richtlinien festlegen. Konsistent bleiben ist hier am wichtigsten für eine gute Kommunikation zwischen API und Nutzern. Es gibt auch nichts Schlimmeres, als nicht aussagekräftige Fehlermeldungen. Am besten man überlegt sich diese gleich von Anfang an, aber dafür nur einmal.
Define a contract, stick to it! (Michael Schärfer)
Zum Glück helfen mittlerweile zahlreiche Tools beim Design einer API. Swagger und Apiary sind nur zwei davon die man empfehlen kann.
Roundtables Session
Zweites Highlight für mich waren die Roundtable Sessions. Jeder Sprecher hatte seinen eigenen Tisch und die Besucher konnten mit jedem ins Gespräch kommen. Nach 15 Minuten wurde der Tisch gewechselt. Es war das erste Mal, dass ich so ein Konzept auf einer Konferenz gesehen habe. Das finde ich richtig gut und deshalb: Bitte liebe Konferenzen mehr davon!
Logistisch wäre es vielleicht nur einfacher, wenn die Sprecher den Tisch wechseln und nicht die Besucher :-).
Concrete5 – a CMS to rule them all?
CMS gibt es wie Sand am Meer. Warum also noch ein Neues entwickeln? Diese Frage versuchte Jakob Reiter mit seinem CMS Conrete5 zu beantworten.
Er sieht das Problem bei WordPress, Drupal oder Co darin, dass diese Systeme sich zwar an Designer und Entwickler, aber nicht an den wirklichen Nutzer richten. Ein Beispiel dafür sind die unübersichtlichen, oft zu komplizierten Backends der Systeme. Da gebe ich ihm auf jeden Fall recht.
Concrete5 löst diese Problem schon länger, indem der Nutzer von Anfang an im Vordergrund steht. So können z.B. Artikel oder Seiten direkt im Frontend einfach und schnell bearbeitet werden. Der Nutzer bekommt sofort ein Gefühl dafür, wie sich die Änderungen auswirken und fühlt sich dadurch nicht verloren. Aber auch Designer und Entwickler werden nicht vernachlässigt. Concrete5 basiert auf einigen modernen PHP Komponenten von Symfony und Laravel. Das System ist außerdem flexibel und alle Voreinstellungen können überschrieben werden, wenn gewünscht.
Meiner Erfahrung nach bietet Drupal ähnliche Funktionen und ein Vergleich der beiden Systeme wäre für mich durchaus interessant. Concrete5 ist aber für kleine oder mittelgroße Projekte auf jeden Fall interessant und sollte einen Blick wert sein.
Open Source as a business model
Open Source ist allgegenwärtig. Neben dem bekannten Standard Open Source Modell, haben sich aber in den letzten Jahren weitere Modelle entwickelt. So gibt es Business Modelle die zusätzlich OS anbieten (Twitter, GitHub). Oder umgekehrt OS Projekte, die zusätzlich einen Business Modell integrieren (Docker).
Die Blogging Plattform Ghost versucht hier neue Wege zu gehen und Sebastian Gierlinger berichtet von ihren Herausforderungen und Zielen.
Diverse Teams As Success Factor In Startups
Armin Strbac ist CEO von Shpock. Wer die Flohmarkt App noch nicht kennt, sollte sie sich auf jeden Fall ansehen. Je nachdem wo man sich gerade befindet, zeigt die App Produkte an, die in der Nähe gerade verkauft werden.
Greatness & comfort rarely coexists. (Armin Strbac)
Spannend an dem Talk waren wieder die Insights des Startups und deren Kultur. Von nichts kommt nichts. Wer den anderen voraus sein will, muss auch täglich dafür kämpfen und sich immer neu erfinden. Wenn du dich nämlich ausruhst, wirst du schon überholt. So schafft es Shpock trotz zahlreicher Konkurrenten vorne dabei zu bleiben.
Fazit
Es ist immer wieder schön in Österreich selbst auf Konferenzen zu sein, um sich gegenseitig auszutauschen. Wir sind eine Community die eigentlich gerade erst am entstehen ist. Diese muss daher auch gepflegt werden. We Are Developers hat mit der Konferenz einen weiteren guten Schritt dafür gesetzt und ich bin froh dabei gewesen zu sein.
Die Talks waren abwechslungsreich und spannend. Besonders für den Ticketpreis von €65 hat man wirklich viel bekommen. Auch die Location hat hier natürlich seinen Teil dazu beigetragen. Gestört hat mich eigentlich nur, dass die Konferenz zu schnell zu Ende war. Nach dem letzten Talk wurde man gleich in die Shuttles gedrängt und ein Socializen war dadurch leider kaum möglich. Das gehört jedoch für mich zu jeder Konferenz dazu.
Ich werde aber auf jeden Fall bei einer weiteren We Are Developers Konferenz dabei sein und bin gespannt was sie sich noch so alles einfallen lassen.
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