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Meine sieben Erkenntnisse beim Forward Festival & TEDxVienna

Unsere Designerin Natalia hat vor Kurzem das Forward Festival und TEDxVienna besucht und euch ihre sieben inspirierenden Erkenntnisse mitgebracht.

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1. Gutes Design entsteht manchmal weit weg vom Computer mit Hilfe von Papier oder Konfetti

Die Gründerin des Kreativstudios Hey in Barcelona Verònica Fuerte stellte viele ihrer Projekte vor – und gab dabei einen Einblick in die Entstehung der Ideen. Dabei verwendet sie ganz oft Sticker, Papier, Sprayfarben, Konfetti, Luftschlangen – und erst später setzt sie ihre Ideen am Computer um.

Oftmals designt sie Dinge, die sie persönlich interessant findet – und um dadurch eine Referenz für kommende Projekte dieser Art zu haben. So entwickelte sie zum Beispiel eigene Kaffeeverpackungen oder auch einen Instagram-Filter.

Für die Umsetzung vieler ihrer Projekte arbeitet Fuerte mit anderen Expert:innen zusammen. Produktdesigner:innen helfen bei der Umsetzung von Spezialprojekten, ihren Podcast Women at Work hostet die Journalistin Ane Guerra. Der Talk von Verònica war sehr inspirierend, weil sie gefühlt alles, was sie macht, mit Elan und sehr viel Herz macht.

Ein zweiter Vortrag der in die ähnliche Richtung ging war von der Papierdesignerin Kelli Anderson. Sie teilte mit uns ihre vier Prinzipien für Kreatives schaffen.

  • Prinzip Nr. 1: Vergiss kurz die Regeln und folge eher der inneren Neugier. So schuf sie eine Hochzeitseinladung, die ein voll funktionierender Plattenspieler aus Papier ist
  • Prinzip Nr. 2: Immer nur westliche Referenzen anzuschauen, begrenzt das Weltbild – der Blick außerhalb lohnt sich.
  • Prinzip Nr. 3: Es lohnt sich, Werkzeuge auch mal zweckzuentfremden – zum Beispiel hat Kelli Animationen ausgedruckt oder ihre Grafikdesigns unter Wasser gefilmt, um einen spannenden Flimmer-Effekt zu erzeugen
  • Prinzip Nr. 4: Manifestiere durch deine Designs die Welt, die du gerne hättest. So hat Kelli eine alternative Ausgabe der New York Times gedruckt und in der Innenstadt verteilt, um so zumindest für fünf Minuten eine schönere Welt zu erschaffen.

2. Innovative Technologien einzusetzen ist toll – aber nur wenn sie wirklichen Nutzen bringen

Ein Talk, der eher in die uns bekannte Richtung UX ging, war die Entstehungsgeschichte der von Spotifys KI generierten Playlisten á la „Your Pop Mix“. Senior Produkt Designer Mat Budelman erzählte, wie das Team anhand ihres Frameworks Goal-Bet-Build-Measure-Learn den ehemaligen „Daily Mix“ revolutionierte.

Das Problem: Die Playlists „Daily Mix 2“ war täglich anders und der Titel nicht aussagekräftig. Sie formulierten ein neues Ziel („Goal“) – „Help listeners get music they like based on their favorite genres“.

Die Wette („Bet“) für den ersten Schritt lautete „Wir werden in einer Woche einen funktionierenden Prototyp des Genre-Mix Algorithmus bauen und diesen mit echten Spotify Hörern testen.“ Für den Prototypen definierte das Team Kriterien, die ein Song erfüllen musste, um es in den Mix zu schaffen – z.B. er wurde vor Kurzem und/oder häufig gespielt. Daraufhin wurden 16 Mixes erstellt und in persönlichen Interviews mit Spotify-Nutzern angehört sowie vom „Data Curation Team“ analysiert.

Das Feedback war in Summe positiv und sie formulierten eine weitere „Wette“ – „Wir wollen in zwei Monaten die genrespezifischen Playlists so skalieren, dass sie von 5 % der Spotify-Zuhörer genutzt werden“. Dafür musste sowohl ein skalierbares System für ansprechende Titelbilder her – sie wählten hier drei Ebenen – ein Bild vom Künstler, ein farbiges Overlay und ein Overlay mit dem Playlist-Titel.

Nach zwei Monaten haben die Messungen ergeben, dass die Genre-Playlists nicht nur von 5 % der Spotifynutzern angehört werden, sondern dass 70 % der Zuhörer am nächsten Tag zur Playlist zurückkehrte, um sie noch einmal anzuhören. Dieser Algorithmus wurde von Spotify seitdem nicht nur für Genres verwendet, sondern auch für Jahrzehnte, Künstler, Stimmungen. Und das Wichtigste daran – erst wurde getestet, ob das Produkt einen Nutzer für User:innen darstellt, bevor sie etwas Komplexes und Aufwändiges für die gesamte App ausrollten.

3. Spezialisierungen sind gut, aber es ist ebenso gut, sich immer wieder neu zu erfinden

Das mit Abstand beste Storytelling des Festivals kam vom englischen Illustrator Jim Stoten. Über eine persönliche Geschichte, dass das Trainieren einer Eule und den Satz “Never trust owls” involvierte, kam Jim zu seiner Pointe “It’s good that plans change, let’s apply this to art”. Im Grunde sprach er darüber, dass er zwar mit seinen Illustrationen erfolgreich arbeiten kann, aber sich oft fragt, ob das alles ist, was er jemals produzieren wird. Er habe den Drang, sich immer wieder neu zu erfinden, neue Dinge auszuprobieren, anders zu illustrieren. Dabei führte er uns sein Sketchbook vor, erzählte dass er Nonsense-Kunstwerke male sowie Musik schreibe. Dabei ist es Ordnung, dass er in keinem dieser Dinge besonders gut ist.

Der Talk war sehr inspirierend und traf alle Kreativen am Festival mitten ins Herz – wir alle wollen kreativ sein, uns immer wieder neu entdecken und Neues machen, auch wenn unser Alltagsjob oftmals eine Spezialisierung auf eine Richtung benötigt. Deswegen ist es so wichtig, kleine Orte für Kreativität zu schaffen, an denen man sich etwas austoben kann, wie ich schon letztes Jahr schrieb.

4. Coole Designlösungen sind nicht auf Pinterest, sondern in der Problemstellung selbst zu finden

Das Mannheimer Studio Deutsche & Japaner formulierten die These, dass die Inspirationssuche auf Pinterest sinnlos sei – das führe nur dazu, dass wir Grafikdesigns erschaffen, die von anderen Grafikdesigns inspiriert ist. Die beste Lösung für ein Designproblem liegt dabei oft in der Problemstellung selbst. Um dies zu belegen, zeigten die beiden Designer:innen ein paar ihrer Projekte.

Für einen Badezimmerteppich von Schoenstaub griff das Team zu Strukturen, die beim wiederholten Kopieren eines leeren Blatts Papier entstanden – um so eine Parallele zur wiederholten Routine im Badezimmer herzustellen.

Für das Albumcover des DJ’s Solomun stand das Team vor der Herausforderung, dass hierfür das Foto des Fotografen Andreas Gursky verwendet werden sollte. Dieses mit Text zu überdecken kam einem Verbrechen gleich und so wurde eine elegante Lösung gefunden – alle Informationen befinden sich auf einem Sticker, der über der Schutzfolie angebracht wird. Diese “Stickeroptik” wird dann in der gesamten Promo fortgeführt.

Für das Leitsystem der zweisprachigen Musikschule Brixen (Norditalien) entschied sich das Team für eine Lösung ohne Worte und ohne Musikinstrumente (”weil das ja banal wäre”). Neonlampen in unterschiedlichen Farben zeigen Handpositionen beim Spielen verschiedener Instrumente.

5. Tiefgehende Recherche ist vom Designer- und Künstleralltag nicht wegzudenken

Die Fotografin und Künstlerin Stefanie Moshammer stellte zwei ihrer Projekte vor und ging dabei sehr detailliert auf ihren Recherche Prozess ein. Zwischendrin vergaß man, dass sie Künstlerin ist, denn die Recherche hätte genauso gut für einen journalistischen Artikel oder eine Forschungsarbeit stattfinden können. Vielleicht ist gute Kunst ja nichts anderes, als ein mögliches Ergebnis solch einer Forschung? Für die zwei Projekte We Love Our Customers und Each Poison, A Pillow beleuchtete sie die Themen Fast Fashion und Alkoholabhängigkeit aus kulturellen, religiösen, gesundheitlichen, werblichen und persönlichen Blickwinkeln.

Ein sehr inspirierender Vortrag, der mich daran erinnert hat, dass Kunst und Design nicht das Anordnen ein paar schöner seichter Dinge nebeneinander ist. Unsere kreativen Tools sollen eher dazu da sein, die Welt zu verarbeiten, besser zu verstehen, einen Dialog zu schaffen, die Welt etwas besser zu machen.

6. Kreativität ist ein Muskel – und das Training nicht nur Profis vorbehalten

Beim TEDxVienna, das am Samstag 8.10.2022 im Volkstheater stattfand, hörte ich einen weiteren passenden Vortrag zum Thema Kreativität. Bill Keaggy, der sich dort als “List Collector” vorstellte, erzählte über einige seiner kreativen Projekte. Im Grunde sammelt Keaggy Dinge – Einkaufslisten anderer Menschen, Schnappschüsse einsamer Stühle auf der Straße oder einzelne herbstliche Blätter. Er argumentiert, dass nicht alles, was wir tun, schön, originell und professionell sein muss. Zum Beispiel vergleichen wir unsere sportlichen Fähigkeiten nicht mit Profiathleten und das hält uns nicht davon ab, in der Freizeit Sport zu treiben. Geht es aber um Kreativität, rutschen viele in Ausreden und Entschuldigungen. Das fehlende Talent erlaube es ihnen nicht, irgendetwas eigenes zu kreieren. Der Talk war super inspirierend, in alltäglichen Dingen etwas Besonderes zu finden.

7. Auch wenn es sich nicht so anfühlt – die Welt wird immer besser

Der in New York lebende österreichische Designer Stefan Sagmeister beschäftigt sich bereits seit Jahren mit dem Thema des Glücks und Schönheit. Als Host des Forward Festivals gab er den ersten Talk und damit einen positiven Boost für das gesamte Festival mit: Unsere Kommunikation wird immer schneller. Und je kürzer der Informationszyklus, desto negativer erscheint er uns, sagt Sagmeister.

Verbesserungen passieren schrittweise und schaffen es damit nicht in die täglichen Nachrichten. Dafür hat er ein Projekt gestartet, bei dem er Datenvisualisierungen auf Kleidung und auf ältere Gemälde positioniert, um aufzuzeigen, dass z.B. die Anzahl der verfügbaren Gitarren auf der Welt von 80 im Jahr 1960 auf 80.000 heute gestiegen ist.

Die Welt sei heute deutlich besser als noch vor 200 Jahren, argumentiert Sagmeister – da die Weltbevölkerung jetzt länger lebt, weniger raucht und die Sterbefälle durch COVID liegen deutlich unter denen der spanischen Grippe. Besonders spannend finde ich, dass Sagmeister Themen, die ihn persönlich begeistern, ihn schöne Designprojekt umwandelt. Er schafft Designs, die uns dabei helfen, die Welt als einen schöneren Ort wahrzunehmen.

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Ich hoffe, ihr konntet mit mir ein wenig in die Atmosphäre der beiden Events abtauchen und einen Hauch Inspiration für euer Tun erhalten. Oder wart ihr vielleicht selbst dort und habt noch eine spannende Story zu ergänzen? Lasst mir gern einen Kommentar da!

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Natalia Sander

Meine Rolle bei Liechtenecker: UX/UI Designerin Wenn es weder IT noch Digitalisierung gäbe, wäre mein Beruf: Ausmisterin & Space-Organizering á la Marie Kondo und natürlich Künstlerin. Mein Herz schlägt für: Farben, Ordnung, Pflanzen und Tee.

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