Chatbots sind als kleine digitale Helferlein in Österreich mittlerweile keine Seltenheit mehr. Wüstenrot, T-Mobile, Austrian Airlines oder auch der ORF zählen zu den österreichischen Unternehmen, die sich bereits auf dieses Terrain gewagt haben. In Unternehmen keimt der Gedanke an einen Chatbot speziell dann, wenn folgende Fragestellungen in den Köpfen der Marketing- und Kommunikationsverantwortlichen ihre Kreise ziehen:
- Was können wir nur tun, um unsere Kunden individueller anzusprechen und besser auf ihr Nutzungsverhalten einzugehen?
- Wie können wir unsere Kunden besser servicieren und ihnen unsere Leistungen noch einfacher zur Verfügung stellen?
- Wie können wir den Trend Self-Service bedienen und Kunden über jene Kanäle ansprechen, die sie tagtäglich nutzen?
- Was können wir machen, um innovativer zu sein und eine jüngere Zielgruppe anzusprechen?
Der Chatbot soll die Kunden dabei unterstützen sich selbst zu helfen und damit die bestehenden Servicekanäle des Unternehmens ergänzen. In diesem Kontext macht die Einführung eines Chatbots allemal Sinn. Wenn ein Chatbot als passende Lösung identifiziert wurde, steht man als Unternehmen allerdings schnell vor der Herausforderung die Kosten für dieses Projekt zu mappen. Was kostet überhaupt so ein Chatbot bzw. was darf er kosten?
Sowie Auto nicht gleich Auto ist, ist Chatbot auch nicht gleich Chatbot.
Da es Chatbots (trotz ihrer momentan immer stärker werdenden Verbreitung) noch nicht so lange am österreichischen Markt gibt, sind hier auch kaum Erfahrungs- oder Vergleichswerte gegeben. Daher bleibt einem als Unternehmen meist nicht viel mehr übrig, als sich einen Anbieter zu suchen und einfach mal anzufragen. Und was sagt der? Wahrscheinlich bzw. eher hoffentlich – zumindest wenn es sich um einen seriösen Anbieter handelt – dasselbe, das auch wir sagen würden: Es kommt ganz darauf an, was Sie wollen.
Denn eines steht fest: Sowie Auto nicht gleich Auto ist, ist Chatbot auch nicht gleich Chatbot. Darum sind Vergleiche hier auch so schwierig. Bei einem Auto kann man den Preis vergleichen, wenn es sich um ein ähnliches Modell mit ähnlicher Ausstattung und Motorisierung handelt und selbst dann kommt noch der Faktor Marke ins Spiel. Die Marke ist bei Chatbots zwar kein Thema, dafür sind die restlichen preisentscheidenden Faktoren umso vielfältiger. Damit ihr trotzdem nicht ganz blank in die Recherche gehen müsst, haben wir in diesem Blogbeitrag – passend zur Maßnahmen- und Budgetplanung für das Jahr 2018 – die wichtigsten 10 Kostentreiber eines Chatbot-Projekts für euch herausgefiltert und (hoffentlich) verständlich aufbereitet ;-).
1. Offene Fragen (bzw. Freitexteingabe und NLP)
Eine der wohl entscheidendsten Fragen, die man sich bei einem Chatbot-Projekt stellen muss, ist: Wie soll der User seine Antworten eingeben können bzw. was muss der Chatbot verstehen und was nicht?
Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil hiervon die Technologie abhängt, die man für die Entwicklung des Chatbots einsetzt. Hier kann man zwischen unterschiedlichen Komplexitäts-Leveln unterscheiden und es gilt natürlich: je komplexer, desto teurer:
Geschlossene Fragen:
Ein User kann nur unter vorgegeben Antwortmöglichkeiten auswählen (z.B. indem er auf einen Button klickt) um mit dem Chatbot zu kommunizieren. Diese Variante ist in der Programmierung mit dem geringsten Aufwand verbunden, erfüllt aber nicht den Anspruch an einen natürlichen Dialog, den man meist an Chatbots hat. Trotzdem kann ein Chatbot mit geschlossenen Fragen speziell bei der Einführung einen gangbaren Weg darstellen. Die Fehleranfälligkeit ist bei diesen Chatbots viel geringer und auch die Nutzungsbarrieren für Kunden, die mit der Technologie nicht vertraut sind, bleiben relativ gering.
Offene Fragen ohne NLP (natural language processing):
In diesem Fall sind meist sehr einfache Regeln hinterlegt, durch die der Chatbot erkennt, welche Antwort er anzeigen soll. Ein Beispiel dazu wäre ein Satz in dem das Wort “Hey” oder “Hallo” vorkommt. In so einem Fall würde der Chatbot eine Begrüßungsnachricht anzeigen, ohne jedoch den Kontext zu verstehen. Die Aufwandserhöhung zwischen dieser Variante gegenüber der geschlossenen Frage ist allerdings marginal. Wichtig ist es hier aber, die Nutzungssituation sehr gut zu kennen und einen klaren Use Case zu haben, um nicht in die peinliche Situation zu kommen, mit der Antwort völlig daneben zu liegen. Außerdem können Anleitungen hilfreich sein, damit dem User klar ist, dass er beispielsweise über ein “Hallo” den Bot startet oder über ein “Hilfe” mehr Erklärungen erhält. Die Schwierigkeit ist hier jedoch, dass es für den User oft schwer nachzuvollziehen ist, was der Chatbot kann. Wenn der Bot dann oft mit “das verstehe ich nicht” antwortet, macht das die User Experience völlig zunichte.
Offene Fragen mit NLP (natural language processing):
Hier kann der Nutzer Freitext eingeben. Darum sollte der Chatbot in der Lage sein, diese Texte auch im jeweiligen Kontext zu verstehen. Dafür ist NLP notwendig. Natural Language Processing bedeutet zu Deutsch nichts anderes als die Verarbeitung natürlicher Sprache und ist somit ein Programm, das in der Lage ist, Wörter in ihrem natürlichen Kontext zu begreifen. Die meisten Entwickler arbeiten hier mit NLP-Services, die ihnen dabei helfen, die hereinkommenden Nachrichten zu analysieren und die richtigen Antworten zurückzugeben. Dafür müssen pro Intention (Absicht) im Chatbot vom Programmierer Beispielsätze im jeweiligen Service hinterlegt werden. So könnte die Absicht sein, mehr über ein bestimmtes Produkt erfahren zu wollen. Damit der Chatbot die Absicht, die hinter der Frage des Nutzers steht, begreift, müsste der Programmierer beispielsweise folgende Referenzsätze hinterlegen:
- Erzähl mir mehr über Produkt xy
- Gib mir mehr Informationen über Produkt xy
- Was kann das Produkt xy?
- Ich brauche Informationen zum Produkt xy.
Wenn man sich vorstellt, dass man zu jeder Absicht in einem Gespräch solche Beispielsätze hinterlegen muss, erklärt sich schnell, warum diese Variante mit dem größten Aufwand und den meisten Kosten verbunden ist. Noch komplexer wird es, wenn es in einem Satz mehrere Absichten gibt, die ausgelesen werden müssen. Wenn man beispielsweise über einen Chabot einen Flug buchen möchte und der User schreibt “Ich möchte einen Flug von Amsterdam nach Wien buchen” dann muss man mittels NLP erkennen was die Absicht (Flug buchen) ist und was davon der Start (Amsterdam) und das Ende (Wien) ist.
Summa summarum: je freier die Eingabemöglichkeit für den User ist, desto komplexer und auch teurer wird das Projekt.
2. Plattform (Facebook, Telegram, Website, mehrere Plattformen etc.)
Hier kann man generell sagen, dass es immer einfacher und günstiger ist, einen Chatbot auf Plattformen einzurichten, die diese bereits unterstützen (wie Facebook oder Telegram), da hier bereits passende Schnittstellen und Interfaces vorhanden sind. Sobald man als Plattform beispielsweise die eigene Website wählt, müssen Schnittstellen zur Integration und Interfaces programmiert werden und das ist natürlich aufwändiger.
Wenn man mit dem Gedanken spielt seinen Chatbot für mehrere Plattformen zu entwickeln, oder ihn mit der Zeit auf weitere Plattformen auszuweiten, kann man Kosten sparen, wenn man dies von Anfang an beachtet. Hier gilt es vor allem auch vor der Konzeption abzuklären, welche Elemente von einer Plattform angeboten werden, die auf einer anderen nicht vorhanden sein können. Facebook bietet beispielsweise Galerien an, die bei einer anderen Plattform eventuell nicht vorhanden sind. Wenn man das Konzept im Nachhinein dann anpassen muss, bedeutet dies Zusatzaufwände, die man sich vorab sparen hätte können. Was einem trotzdem nicht erspart bleibt, ist die Integration, da jede Plattform ihre eigene Schnittstelle anbietet. Das bedeutet also je mehr Plattformen desto mehr Integrationsarbeit. Außerdem entwickeln sich auch die Plattformen sukzessive weiter und man muss den Chatbot auf unterschiedliche Versionen und neue Funktionalitäten aktualisieren.
Auch zu wenig Vorwissen auf Kundenseite kann durchaus ein Kostentreiber sein
3. Backend (zur Verwaltung von Chatbot-Statistiken, Texten etc.)
Ein Backend ermöglicht es dem Unternehmen den Chatbot zu adaptieren, ohne der Kunst der Programmierung mächtig sein zu müssen. Bevor man das Backend nutzen kann, muss es allerdings auch programmiert werden und ist daher schon per se ein Kostenfaktor. Trotzdem hängen die Kosten hier auch noch einmal sehr stark davon ab, was dieses Backend können soll. Wenn es darum geht, Texte zu bearbeiten oder Statistiken anzuzeigen, hängt der Aufwand sehr stark vom Umfang der Texte oder der Statistiken ab. Richtig komplex und damit auch richtig teuer wird es dann, wenn man über das Backend in der Lage sein will, Gesprächsabläufe des Chatbots verändern oder beispielsweise e-Commerce Produkte anlegen zu können.
4. Individuelles Interface (Funktionen, User Experience)
Dieser Punkt hängt sehr stark mit der Plattform zusammen auf der der Chatbot integriert werden soll. Facebook beispielsweise bietet ein bestehendes Interface an, das auch bei allen Chatbots gleich aussieht. Dies ist natürlich ein kostensparender Faktor. Sobald man den Chatbot jedoch auf der eigenen Website integriert, muss man sein eigenes Interface programmieren. Es soll zwar zukünftig auch die Möglichkeit geben, den Facebook Messenger mittels Plug-In auf der eigenen Website einzubinden, doch mit einem an die Website angepassten Interface hat das nicht viel zu tun. Ein eigens designtes und programmiertes Interface hat außerdem den Vorteil, dieses ideal auf den jeweiligen Use Case anpassen und die Buttons und Elemente individuell gestalten zu können. Sobald Kundendaten im Spiel sind, kommt man aufgrund des Datenschutzes allerdings sowieso nicht drum herum sich eine eigene Lösung zu bauen, aber man sollte auf jeden Fall nicht vergessen, dass es sich hierbei um einen Kostentreiber handelt.
5. Reifegrad des Konzeptes (Selbstbild vs. Fremdbild)
Dieser Punkt ist ausgesprochen wichtig, da er (wenn man ihm zu wenig Beachtung schenkt) einiges an Zusatzkosten verursachen kann. Grundsätzlich ist die Umsetzung mit umso weniger Kosten verbunden, je ausgereifter das Konzept des Chatbots ist. Trotzdem muss man hier eine Sache beachten: Meist hat jeder schon eine Vorstellung von der Umsetzung und in den meisten Fällen ist die eigene Vorstellung nicht ident mit der Vorstellung der anderen Projektbeteiligten. Klar wird diese Tatsache aber erst dann, wenn es etwas zum Ansehen und Testen gibt und das ist oft erst sehr spät im Projekt der Fall. Wenn dann Gesprächsverläufe umprogrammiert oder ergänzt werden müssen, dann sind das Kosten, mit denen keiner gerechnet hat. Darum kann ein Weg Kosten zu sparen sein, aus dem Konzept in einem gemeinsamen Workshop einen ersten Prototypen zu erstellen. Und nein, dieser Prototyp muss noch nicht programmiert sein und ist daher auch mit sehr überschaubaren Kosten verbunden. Es kann sich dabei um aufgezeichnete User Journeys handeln, oder um ein Gespräch von zwei Personen, die das Gespräch mit dem Chatbot nachstellen. Die Hauptsache dabei ist, dass am Ende alle Beteiligten dieselbe Ansicht darüber haben, wo sich der User zu jedem Moment im Prozess befindet.
6. Speicherung der Daten
Ein weiterer Kostentreiber ist die Speicherung der Daten eines Chatbots. Hierbei geht es nicht vorwiegend um die Speicherung der Daten, die im Chatbot angegegeben werden, sondern vor allem um die Speicherung von Klickraten, Abbruchraten, behandelten Themen etc. Sobald etwas gespeichert werden muss, wird eine Datenbank benötigt und hier gilt: Es ist immer aufwendiger Daten in ein bestehendes System einzuspielen, als sie in einem neuen System anzulegen (was jedoch nicht bedeutet, dass es automatisch sinnvoller ist). Wenn man Analysen und Auswertungen der gespeicherten Daten wünscht, muss man die Daten entweder zusätzlich in Google Analytics speichern, oder bei der Erstellung der Datenbank Funktionen programmieren, die es dem Kunden ermöglichen, einfach Auswertungen oder Charts aus der Datenbank zu exportieren. Dies ist über die Speicherung von Google Analytics mit deutlich weniger Aufwand verbunden, obwohl man auch hier seine eigenen Analysen bauen muss.
Um etwaige rechtliche Folgen (die auch wieder mit Kosten verbunden sind) zu vermeiden, ist bei jeglicher Speicherung von Daten außerdem ein starkes Augenmerk auf das Thema Datenschutz und Transparenz für den User zu legen.
7. Anbindung an ein CRM
Die Anbindung an ein CRM (Customer-Relationship-Management-System) hängt sehr stark mit der Speicherung der Daten zusammen. Die Daten werden dabei in ein bestehendes CRM gespeichert und dafür müssen Schnittstellen entwickelt werden, die ein großer Aufwandstreiber sind. Eine Anbindung an ein CRM müsste beispielsweise bestehen, wenn sich der User einloggen kann um über den Chatbot bei einer Versicherung einen Schaden zu melden. Dafür müssen dann die Daten des jeweiligen Users aufgerufen werden und auch per Rückkanal an den Chatbot übergeben werden können. Der User kann dann beispielsweise den Schaden an einem Auto melden, das bei ihm gespeichert ist, oder sich Informationen zu seiner KFZ-Polizze anzeigen lassen.
8. Übergabe an Mitarbeiter
In vielen Fällen sind Chatbots in ihrer momentanen Ausbaustufe nur in der Lage den User bis zu einem gewissen Punkt zu unterstützen und wenn sie an ihre Grenzen stoßen, muss trotzdem ein Kollege aus Fleisch und Blut übernehmen. Wenn die Übergabe von Bot zu Mitarbeiter direkt in einem Gespräch mit einem Kunden stattfinden soll, dann muss dieser Mitarbeiter verständigt werden und dann in der Lage sein, das Gespräch zu übernehmen. Bei Chatbot-unterstützenden Plattformen wie Facebook ist dies meist nicht so aufwendig, da es hier Funktionen gibt, um den Bot zu deaktivieren den Bot zu deaktivieren und den Mitarbeiter das Gespräch weiterführen zu lassen. Wenn man diese Funktion beim Chatbot auf der eigenen Website implementieren möchte ist dies jedoch nicht so einfach. Es muss ein Backend oder ein eigenes Programm zur Verfügung gestellt werden, über das der Mitarbeiter den bisherigen Gesprächsverlauf sehen und dem User antworten kann. Hört sich aufwendig an, ist es auch ;).
Jede Sprache ist 1:1 mehr Aufwand
9. Sprachen
Bei Sprachen ist die Schätzung des Aufwands tatsächlich so einfach wie man es sich vorstellt: Jede Sprache ist 1:1 mehr Aufwand. Der größte Aufwand ist dabei das Einpflegen der Texte. Außerdem besteht immer die Gefahr, dass sich in einer anderen Sprache die Textlänge so ändert, dass man das Design oder den Ablauf der Gesprächsverläufe anpassen muss. Manchmal machen dadurch ganze Fragen keinen Sinn mehr, weil man in einer anderen Sprache die Frage nie so stellen würde. Hier ist also Achtung geboten und wir raten dazu, sich auch schon vor der Erstellung des Konzeptes auf die Sprache festzulegen.
10. Vorwissen beim Kunden
Auch zu wenig Vorwissen auf Kundenseite kann durchaus ein Kostentreiber sein. Der Begriff Lehrgeld kommt ja nicht von irgendwo ;). Da bei Chatbots noch verhältnismäßig wenig Erfahrungswissen besteht, ist es natürlich sehr schwierig sich bestimmte Abläufe und Zusammenhänge vorzustellen. Darum empfiehlt es sich, vor der Beauftragung eines Chatbot-Projekts, viele Chatbots auszuprobieren und sich auch zu den Zusammenhängen und Funktionen ein wenig einzulesen. Außerdem gibt einem dieses Wissen auch Sicherheit in Verhandlungen und hilft dabei zu verstehen, was möglich ist und was nicht. Allein das Lesen dieses Blogbeitrags sollte dir schon helfen, die Wahrscheinlichkeit von Mehraufwand bei diesem Punkt zu reduzieren.
Hoffentlich konnte dieser Blogbeitrag deine Verständnis für die Zusammenhänge und Kostentreiber bei Chatbots ein wenig verbessern und dir helfen zu verstehen, welchen Punkten du mehr Beachtung schenken solltest.
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