Usability Regeln im Game Design
In diesem Blogbeitrag erfahrt ihr alles über Gaming Design und wie stark die Usability Regeln denen im UX Design ähneln.
2020 – erster Lockdown. Wir alle sitzen in unseren Wohnungen und wissen nichts mit uns anzufangen. Also backen wir Bananenbrot, basteln an unseren Fahrrädern rum oder lernen eine neue Sprache. Ich hingegen bin in die Welt der Gaming Industrie eingetaucht. Ich habe davor nie gespielt und hatte viele viele Vorurteile, aber dank Corona habe ich dann einfach mal die Play Station ausgepackt und ausprobiert.
Dabei habe ich sehr schnell gemerkt, wie viele Parallelen es beim Game Design zum User Experience Design gibt. Komplexe Interfaces, die Suche nach dem idealen Userflow und die damit einher gehenden Benutzerfreundlichkeitsprobleme sind sicherlich auch allen Game Designern bekannt.
Und man sieht bei fast allen Spielen: auch hier findet man die zeitlosen die Usability-Regeln (Benutzerfreundlichkeits-Regeln) von Shneiderman oder Norman und Nielsen wieder.
Aber erstmal von vorne:
Was sind diese Usability Regeln von denen wir hier sprechen?
Es gibt ein Set an Regeln, welche die Benutzerfreundlichkeit von “Interfaces” optimieren soll. Angefangen hat es 1985 (!) mit den 8 goldenen Regeln von Ben Shneiderman.
Jakob Nielsen and Rolf Molich folgten 5 Jahre später mit ihrem ersten Set der 10 Usability Heuristiken.
die 8 goldenen Regeln | Die 10 Usability Heuristiken |
---|---|
Strive for consistency. | Visibility of system status |
Seek universal usability. | Match between system and the real world |
Offer informative feedback. | User control and freedom |
Design dialogs to yield closure | Consistency and standards |
Prevent errors | Error prevention |
Permit easy reversal of actions | Recognition rather than recall |
Keep users in control | Flexibility and efficiency of use |
Reduce short-term memory load | Aesthetic and minimalist design |
Help users recognize, diagnose, and recover from errors | |
Help and documentation |
Wie unsere Auflistung bereits erahnen lässt, überschneiden sich die 8 goldenen Regeln und die 10 Heuristiken zum größten Teil. Beide Guidelines sind entstanden bevor es das erste Iphone gab, und trotzdem sind diese immer noch relevant.
Gerne könnt ihr euch über diese Links weiter informieren, oder bei uns nachfragen wie wir diese Regeln immer wieder in unseren Projekten umsetzen.
User Experience und Gaming?
User Experience wird oft als eine Disziplin des Apps, Websiten und Intranetsdevelopments gesehen – und das stimmt auch. Aber User Experience muss sich nicht nur auf “funktionale” Produkte beschränken. Gerade bei einem Produkt mit dem User stundenlang interagieren, ist es wichtig die Usability in Fokus zu setzen. Genauso ist es bei Games – Spieler:innen beschäftigen sich mit den Produkten oft mehr als 100 Stunden. Spiele werden nur erfolgreich, wenn Nutzer:innen das Produkt Spaß macht. Sobald Spiele in ihrem Gameplay frustrierend sind, werden sie schnell abgestraft und verlieren an Beliebtheit. Benutzerfreundlichkeit muss also von Anfang an in dem Prozess mitgedacht werden.
Natürlich gibt es Gegenbeispiele – Spiele die so überzeugend sind, das ihnen große Usabilityfehler verziehen werden, oder sogar Spiele die mit Absicht einige dieser Regeln ignorieren. Ein sehr nervenaufreibendes Beispiel findet ihr hier 😉 )
Ich persönlich habe sehr schnell einige der Regeln wiedergefunden. Schauen wir uns ein paar Beispiele an:
Recognition rather than recall / Reduce short-term memory load
Menschen fällt es einfacher Sachen wieder zu erkennen, als sich daran zu erinnern. Uns allen fallen meistens Multiple Choice Aufgaben leichter als offene Fragen. Deshalb sollte man nicht darauf vertrauen, dass User:innen sich an einzelne Elemente erinnern können, sondern relevante Information an der richtigen Stelle und zum richtigen Moment wiederholen. Genauso ist das bei vielen Computerspielen. In der Anfangsphase lernt der User / die Userin viele neue Befehle, Klickkombinationen und Spielmechaniken kennen. Nur wenige wird sich der Spieler / die Spielerin aber von Anfang an merken. So kann es sein, dass eine bestimmte Kombination benötigt wird, um ein Feuer zu starten. Ein Beispiel: kommt man in die Nähe einer Feuerstelle, erinnert das Programm einen nochmals an die passende Kombination.
Consistency and standards / Strive for consistency
Bei gleichen bzw. ähnlichen Tasks sollte das Interface auch gleich funktionieren. Dies beinhaltet Farbnutzung, Layout, Button und Linkdesigns – aber auch Wording. Ganz besonders wichtig ist, dass bestimmte etablierte Standards eingehalten werden. Statt das Rad neu zu erfinden, sollten Standard-Layouts und Elemente wie zum Beispiel der Zurück-Button, Menüs und der “Warenkorb” dort zu finden sein, wo man / frau es gewohnt ist. So ist der Wechsel zwischen unterschiedlichen Seiten / Interfaces einfacher und User:innen müssen weniger neues erlernen.
Jedes Spiel ist anderes und hat andere Möglichkeiten und Fähigkeiten. Trotzdem ist der X-Button bei der Playstation meist fürs Springen reserviert, aber auch komplizierte Tastenkombinationen werden Standardmäßig eingesetzt.
Seek universal usability.
Bei diesem Prinzip geht es darum, dass Anfänger:innen und Expert:innen von Anfang an mit gedacht werden. Anfänger:innen sollten nicht direkt mit allen Funktionalitäten überrumpelt werden. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Personen die sich bereits auskennen, nicht ein langes Tutorial durchklicken müssen um ein vollfunktionales Produkt zu haben.
Ich war bei meinen ersten Spielversuchen komplett überfordert, war froh das die unterschiedlichen Attacken und Bewegungsmöglichkeiten nach und nach erklärt wurden. Mein Spielpartner hingegen konnte direkt einsteigen und bereits komplexere Spielmechaniken nutzen, die einem noch gar nicht erklärt wurden. Wieso? Mein Spielpartner kannte schon alle möglichen Spiele, und die meisten Kombinationen bleiben über die unterschiedlichen Spiele quasi gleich (Siehe Consistency and Standards). Der Spielspaß war für ihn also trotzdem von Anfang an gegeben.
All diese genannten Beispiele sind nur ein kleiner Aussschnitt. Diese Beispiele zeigen aber, wie wahnsinnig wichtig es ist, Usability ernst zu nehmen. Das Level an Usability beeinflusst direkt die Qualität des Produkts.
Und noch etwas wird deutlich: Benutzerfreundlichkeit macht ein Produkt nicht weniger spaßig oder attraktiv. Auch mit den “Usability-Regeln” im Kopf sind der Gestaltung keine Grenzen gesetzt.
Kennt man die “Usability”-Regeln, bemerkt man dessen Anwendung schnell im eigenen digitalen Umfeld. Kennt ihr Beispiele wo die Usability-Regeln zum Einsatz kamen? Oder habt ihr Negativ-Beispiele?
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