Was ist die Trial & Error Session?
Das Ziel unserer Trial & Error Sessions ist es, ein Umfeld zu schaffen in dem Ausprobieren und Scheitern erlaubt ist. Wir agieren jeden Tag in einer Welt, in der man mit „Versuchen“ und „Fehlern“ ziemlich hart ins Gericht geht. Doch gerade diese Versuche, das Scheitern und die daraus entstehenden Lernprozesse bringen uns weiter. Ohne Scheitern keine Disruption oder, um es in den Worten von Tom Kelley, dem Urheber des heutigen Design Thinkings, zu sagen: Fail early, Fail often to succeed sooner.
Unsere Trial & Error Sessions sind eine Art Versuchs-Umfeld, in dem wir gemeinsam mit euch neue Methoden und Ansätze ausprobieren und voneinander lernen. Das Ergebnis sind Erfahrungen, die durch gemeinsame Reflexion zu Learnings werden, ohne einen direkten Einfluss auf euer Business-Umfeld zu haben. Es gibt also nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen :).
Am Ende jeder Session teilen wir unsere Erfahrungen und Learnings hier auf unserem Blog mit euch.
Trial & Error – die Erste
Die Aufgabe der ersten Session war es einen Versicherungsprozess zu verbessern. Dieser Aufgabenstellung näherten wir uns mit Hilfe von Design Thinking. Jeder Teilnehmer bekam einen Partner und arbeitete daran, den vom Partner geschilderten Prozess zu verbessern. Dies erfolgte in den 3 Schritten Einfühlen, Definieren und Ideen generieren, die jeweils mit einer Methode bearbeitet wurden.
Fail early, Fail often to succeed sooner
Tom Kelley
1. Einfühlen
Beim Einfühlen ging es darum Empathie für den Partner aufzubauen und die Probleme, in dem von ihm geschilderten Prozess, zu identifizieren. Hierbei kam die Methode „Customer Journey“ in einer sehr einfachen Variante zur Anwendung.
Customer Journey – Vorgehen:
Bei dieser Methode gibt es einen Interviewer und einen Befragten. Der Befragte wird vom Interviewer dazu angeleitet ihm seine „Geschichte“ zum Thema Versicherung schrittweise zu erzählen. Der Interviewer soll die einzelnen Steps in der Geschichte (z.B. erster Kontakt mit dem Makler, Beratungsgespräch, Abschluss etc.) einzeichnen. Dabei dient ihm die blaue Linie in der Vorlage (siehe Grafik oben) als Anhaltspunkt, um eine zeitliche Abfolge von links nach rechts darzustellen. Bei jedem einzelnen Schritt soll der Interviewer notieren, wie sich der Befragte in dieser Situation fühlt. Diese Übung schult besonders die Empathiefähigkeit, da der Interviewer nicht direkt nach der Gefühlslage fragen darf. Es geht darum aktiv zuzuhören und den Befragten durch offene Fragen zum Erzählen anzuregen. Dabei ist es besonders wichtig an jenen Stellen nachzufragen, die einen irritieren oder einem im ersten Moment nicht ganz klar sind. Dadurch werden schnell tiefer liegende Probleme erkennbar.
Wir agieren jeden Tag in einer Welt, in der man mit „Versuchen“ und „Fehlern“ ziemlich hart ins Gericht geht.
Nach der Befragung konnte der Interviewer noch einmal aus seiner Sicht die Journey wiedergeben und dem Befragten auch die Wahrnehmung seiner Gefühlslage erklären. Diese Reflexion dient dazu, subjektive Wahrnehmungen aufzudecken und dem Befragten die Möglichkeit zu geben, Missinterpretationen richtig zu stellen.
Zu beachten:
- Fragen üben:
Bei dieser Methode zeigte sich schnell wie schwierig es ist Fragen richtig zu formulieren. Darum ist es wichtig hier erst einmal das richtige Formulieren von Fragen als Übung einzubauen. Zum Beispiel könnten die Teilnehmer vorab üben sich gegenseitig offen formulierte Fragen zu stellen. Dies kann man mit einer Liste von geschlossenen Fragen machen, die die Teilnehmer umformulieren müssen, oder durch ein Spiel, bei dem man verloren hat, sobald man eine Frage geschlossen (also nur mit Ja oder Nein zu beantworten) formuliert hat.
- Zeit ist wichtig:
Gerade wenn es darum geht Empathie aufzubauen, muss man sich Zeit nehmen, um die Geschichte auch in ihrer Ganzheit zu erfassen. Speziell bei ungeübten Interviewern spielt die bewusste Fragestellung eine entscheidende Rolle und dafür braucht es Zeit – sonst verfällt man schnell in gewohnte Muster. Natürlich kommt es auch stark auf die Journey an, die man abbilden möchte. Für unseren Versicherungsprozess waren 15 Minuten eindeutig zu kurz und man sollte lieber das doppelte an Zeit einplanen.
2. Definieren
Nachdem jede Person eine Customer Journey ihres Partners erstellt hatte, ging es im zweiten Schritt darum, aus den negativen Punkten der Journey das „größte Problem“ zu identifizieren und dieses mittels der Methode „Postcard to Grandma“ in ein einfaches und prägnantes Projektziel umzuformulieren.
Postcard to Grandma – Vorgehen:
Jeder Teilnehmer erhält dabei eine Postkarte, auf der das Projektziel so kurz und einfach erklärt werden soll, sodass es auch seine Oma verstehen kann. Sowohl das Format der Postkarte, der Anspruch an Einfachheit, als auch die Zeitbegrenzung von 5 Minuten zwangen die Teilnehmer dazu auf den Punkt zu kommen.
Zu beachten:
- Erneute Reflexion:
Sobald der Interviewer das für ihn zu lösende Problem ausgewählt hat, sollte dieses noch einmal mit dem Befragten reflektiert werden. Oft findet man im Zuge der Customer Journey ein latentes Problem, das dann noch einmal auf seine Berechtigung überprüft werden sollte.
- Zielformulierung:
Speziell vor der Zielformulierung ist es wichtig noch einmal Beispiele zu liefern und die Bedeutung einer guten Zielformulierung zu schärfen. Ein gutes Ziel darf nicht schwammig sein, sondern soll den idealen Grundstein für die Weiterarbeit darstellen.
3. Ideen generieren
In Schritt 3 wurden mögliche Lösungsideen für das definierte Projektziel generiert. Dafür sollte jeder Teilnehmer zuerst für sich alleine Lösungsideen entwickeln und diese dann an der anderen Person testen. Hierfür kam die Methode „Bodystorming“ zum Einsatz.
Bodystorming – Vorgehen:
Jeder Teilnehmer hatte zuerst 10 Minuten Zeit, um eine Idee zu entwickeln und diese grob anhand eines Storyboards zu skizzieren. Die Darstellung in einzelnen Szenen ist quasi das Drehbuch der Idee. In einem weiteren Schritt testet der Interviewer seine Idee anhand eines Rollenspiels am Befragten. Der Interviewer leitet den Befragten mit Erzählungen dazu an, sich in die einzelnen Situationen des Drehbuchs hineinzuversetzen. Der Befragte spielt also die einzelnen Szenen nach der Anleitung des Interviewers durch und sagt diesem wie es ihm dabei geht. So kann der Befragte sich erstens besser in die Situation einfühlen und zweitens direkt Feedback zu der Idee geben. Auf diese Weise lassen sich erste Konzepte auf grundlegende Denkfehler überprüfen und gemeinsam mit dem “Kunden” (welcher in diesem Fall der Befragte ist) weiterentwickeln.
Es ist essentiell, dass es hier nicht darum geht den Befragten von deiner Idee zu überzeugen.
Um diese Methode besser verständlich zu machen erkläre ich sie kurz anhand des Projektziels: Marion soll auch nach ihrem Beratungsgespräch auf die Frage „Was bringt dir deine private Krankenversicherung?“ sofort eine Antwort haben.
Szene 1:
Stell dir vor du gehst nach dem Gespräch mit deinem Berater nach Hause. Zu Hause wartet dein Freund auf dich. Er fragt dich wie das Gespräch war. Du bist begeistert und erzählst ihm von all den Vorteilen.
Wie würdest du das machen? Wie fühlst du dich dabei?→ der Befragte schauspielert, wie er die Broschüren der Versicherung auspackt und zu erzählen beginnt.
Szene 2:
Dein Freund fragt dich warum du unbedingt eine private Krankenversicherung benötigst, da die gesetzliche doch alles abdeckt. Dir fehlen die Argumente und du blätterst in deinen Broschüren und versuchst dich zu erklären.
Was denkst du dir? Wie fühlst du dich dabei?→ der Befragte erklärt wie es ihm geht und was ihm in der Situation fehlt.
Szene 3:
Stell dir vor dir fällt ein, dass du ja auf deinem Smartphone die App der Versicherung heruntergeladen hast, wo du die wichtigsten Argumente von deinem favorisierten Versicherungs-Paket findest und Vergleiche zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung und der privaten Krankenversicherung in Zahlen siehst.
Was denkst du dir? Wie wäre das? → Hier kann der Befragte nun zum Handy greifen und begeistert alle Argumente präsentieren oder er reagiert irritiert, weil er niemals den kostbaren Speicherplatz auf seinem Smartphone mit einer Versicherungs App verbrauchen würde.
Wie auch immer die Reaktion ist, du kannst darauf reagieren und deine Idee an die Reaktion des Befragten anpassen.
Zu beachten:
- Nicht verkaufen:
Es ist essentiell, dass es hier nicht darum geht den Befragten von deiner Idee zu überzeugen. Suggestivfragen sind hier fehl am Platz. Es geht darum zu testen, ob deine Idee zu deinem Nutzer und vor allem in den Alltag deines Nutzers passt.
- Schauspiel:
Die Methode steht und fällt damit, die Teilnehmer ins Spielen und Imaginieren zu bringen. Die Übung sollte im Stehen durchgeführt werden, da dies die Aktivität der Teilnehmer unterstützt. Am besten hat man Requisiten zur Hand. Es werden keine schauspielerischen Glanzleistungen verlangt, aber etwas Bewegung gehört dazu, um das Verhalten des Befragten für den Interviewer greifbar zu machen.
- Storyboard:
Das Storyboard ist eine reine Hilfestellung für den Interviewer. Es geht nicht darum dem Befragten die Situation auf dem Blatt zu zeigen. Der Befragte muss sich in die Situation hineinversetzen und diese durchleben. Hier können Clipboards helfen, da sie den Interviewer dabei unterstützen Notizen zu machen, ohne das Storyboard vor sich sichtbar auf den Tisch zu legen. Die Aufgabe des Interviewers ist es, hier den Befragten dazu anzuleiten, ihm einen Einblick in seinen Alltag bzw. sein Leben zu geben und dafür ist es notwendig ihn dazu zu bringen sich voll auf die Methode einzulassen. Also habt keine Scheu davor dem Befragten darum zu bitten und lasst nicht locker ;).
Fazit
Im Allgemeinen ist es wichtig bei jeder Methode eine andere Perspektive einzunehmen. Menschen sind Gewohnheitstiere aber Kreativität braucht ein bisschen Chaos und das kann manchmal allein dadurch entstehen, dass man nicht wieder den gleichen Sitzplatz einnehmen darf. Wer diese Erfahrungen das nächste Mal selbst machen möchte, anstatt nur hier über sie zu lesen, der ist herzlich zu unserer Trial & Error Session am Donnerstag den 15.3.2018 von 18 bis 21 Uhr eingeladen.
Die Teilnahme ist kostenlos. Die Anmeldung kann jederzeit per Mail an hello@liechtenecker.at erfolgen.
(Achtung: die Teilnehmerzahl ist auf max. 4 Personen begrenzt).
Jetzt anmelden
Verschiedene Vorlagen (auch jene aus dieser Session) findet ihr in unserem nächsten Newsletter zum Download.
Viel Spaß beim Ausprobieren und happy failling 🙂
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