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Culture Jamming – Wenn User bei der Marke mitreden

21. Oktober 2010, von Susanne

Wenn aus dem (S)Hell-Logo Flammen hervorzüngeln und der Marlboro Man seinem Kompagnon von Pferd zu Pferd sagt, dass er Lungenkrebs hat – dann ist das Culture Jamming. Bei diesem Phänomen handelt es sich um eine Bewegung, die gegen die westliche Konsumwelt protestiert und diesem Protest durch das sarkastische Verfremden von Logos oder Kampagnen Ausdruck verleiht. Besonders in den vergangenen Jahren hat sich diese Kunstform im Web verselbstständigt. Es ist erstaunlich, wieviel kreatives Potential in der Masse steckt, egal ob das jetzt über oder unter der Gürtellinie angesiedelt ist. Für den Internetuser an sich ist das eine tägliche Belustigung, für das Unternehmen verlangt es ein grundlegendes Umdenken ihrer Kommunikationsstrategie.

Konsumkritik der sarkastischen Art seit 1977

Angefangen hat alles im Jahr 1977 als die "Billboard Liberation Front" Werbungen auf Plakatwänden einen neuen "Touch" verpasste. http://www.billboardliberation.com/ Diese Konsumkritik weitete sich dann auf T-Shirts und Klein-Plakate (insbesondere in Studentenwohnungen) aus. Das Web intensiviert diese Bewegung und verschafft ihr weitreichende Wirkung: Die Umweltorganisation Greenpeace zum Beispiel hat Nestle mit ihrem Clip zu den Gorilla-KitKat soweit in Bedrängnis gebracht, dass sie ihren Anbieter für Palmöl (der Stein des Anstoßes) gewechselt haben.

Culture Jamming ist nur ein Beispiel dafür, dass sich die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden in den vergangenen Jahren drastisch verändert hat. Das Internet wird dabei gleichzeitig zum Antreiber und Multiplikator: Der Inhalt kann von jedem erstellt werden und findet bei Gefallen weltweite Verbreitung. Wenn das Unternehmen diese Verbreitung verhindern will, kann das nur nach hinten losgehen – wie das bei Nestle gut zu sehen war.

Das Wirtschaftsmagazin Brand Eins hat zu diesem Thema einen sehr interessanten Artikel verfasst, der nicht nur gute Beispiele bringt, sondern auch analysiert, welche Chancen und Risiken hierbei für Unternehmen bestehen.

Der Einfluss der Kunden ist nicht zu unterbinden

Folgendes Zitat aus dem Artikel zeigt genau, womit sich Kommunikation heute und in Zukunft beschäftigen muss: "Der zunehmende Einfluss von Verbrauchern auf Marken und deren Wahrnehmung ist nicht zu unterbinden. Konsum- und Werbekritik ist schnell erstellt und schnell verbreitet. Und sie ist in der Lage, das Image einer Marke zu ändern." (Arno Lindemann, Geschäftsführer der Hamburger Werbeagentur Lukas Lindemann Rosinski) Egal in welcher Form ein Unternehmen also kommuniziert, es muss darauf gefasst sein, dass die Menschen mehr denn je auf diese Kommunikation reagieren, sie verändern, mit ihr spielen.

Die Auseinandersetzung des Kunden mit der eigenen Marke hat zwei Aspekte, die man dabei aber auf keinen Fall außer Acht lassen sollte: Erstens lassen Verbraucher "mit unechter Werbung ihrer Kritik freien Lauf und offenbaren Schwächen", sagt Oke Müller, Group Planning Director der Agentur TBWA in Los Angeles im Brand Eins-Artikel. Davon abgesehen, dass niemand es allen recht machen kann, kann Culture Jamming also ein guter Indikator dafür sein, wo es Verbesserungsmöglichkeiten am Produkt gibt.

Der zweite Aspekt hat eine durch und durch positive Note: "Unternehmen bekommen durch Markenparodien Inspirationen und Ideen quasi frei Haus geliefert", drückt es Nikolas Frings-Rupp Geschäftsführer der Werberschule Miami Ad School Europe in Hamburg aus. Die deutsche Tageszeitung Bild hat diesen Effekt bereits genutzt und ihre Leser unter dem Motto "Bild Dir deine Werbung" aufgerufen, Kampagnen zu entwerfen. 10.000 Arbeiten erreichten die Redaktion und die Bild-Zeitung hatten ohne viel Aufwand sechs neue Sujets.

Das Fazit

Unternehmen müssen bereits heute, aber auch in Zukunft, bei jeglicher Kommunikation (sei es im Web oder bei klassischen Kommunikationsformen) damit rechnen, dass die Kunden dazu – eher mehr als weniger – etwas zu sagen haben. Leider mischen sich darunter auch ein großer Teil sogenannter Trolle , die kommunizieren, rein nur um zu kommunizieren (meist inhaltsleer, unter der Gürtellinie und am Thema vorbei). Das schreckt viele Unternehmen davon ab, erstens ins Web bzw. in Soziale Netzwerke zu gehen und zweitens, diese ernst zu nehmen.

Ja, direkte Kommunikation ist mühsam und es bedeutet einen Mehraufwand der sich vielleicht am Anfang nicht immer direkt in Verkaufszahlen niederschlägt. Aber wer von Anfang an eine gute Strategie aufgebaut hat und sich nicht von ein paar Trollen abschrecken lasst, kann von dem kreativen Potential der Masse durchaus profitieren – täglich.

Wer sich ausführlicher zu Culture Jamming informieren will

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Susanne

Meine Rolle bei Liechtenecker: Ideen-Generator, ist auf diversen Konferenz-Bühnen anzutreffen, bereichert unser Lab mit psychologischem Know-how Wenn es weder IT noch Digitalisierung gäbe, wäre mein Beruf: psychologische Forscherin im Bereich Bildung und Kinderentwicklung Mein Herz schlägt für: Meine Familie, Yoga, mit meinem Baby durchs Badezimmer tanzen
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