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Empathisches Design und der Reiz der Endorphine

20. Oktober 2015, von stephan

Wir haben uns ein großes Wissen angesammelt in unserer digitalen Welt, doch nun sollten Designer wieder vermehrt ihr Augenmerk darauf legen, die Wahrnehmung und die Bedürfnisse des Users zu verstehen.

Beobachten und einfühlen

Legen wir doch den Fokus einmal auf jemand anderen. Fühlen uns in denjenigen hinein und versuchen dadurch, seine Handlungen und seine Bedürfnisse zu verstehen. Das ist nun doch nicht immer gang und gäbe in der digitalen Welt. Der Screendesigner sitzt ja den ganzen Tag vor seinem Bildschirm und designt schöne Webseiten. Das ist auch gut so – das kann er und macht er gerne. Aber als Designer wird man auch ständig inspiriert. Sei es beim Einkaufen, beim Spazieren oder beim Taxifahren. Es kann bereits eine Inspiration sein, wenn man sich für einen Moment auf einen öffentlichen Platz stellt oder in einem Geschäft Menschen beobachtet. Man sieht fast ständig Menschen, die umherlaufen und genervt von etwas sind. Sie sind sehr beschäftigt und laufen der Zeit hinterher. Wenn etwas nicht so schnell läuft wie geplant, dann fühlen sie sich gestresst, denn der nächste Termin rückt immer näher. Aber da muss man sich ja nur einmal selbst beobachten und wird schnell merken, dass das auch auf einen selbst zutrifft. Diese Inspirationen sind es die uns verstehen lassen, dass es um mehr geht als „nur“ um schöne Webseiten.

In unserem Beruf als Designer sollte unser Ansporn darin liegen, es zu schaffen, ein innovatives Produkt zu gestalten, das in kürzester Zeit ein Glücksgefühl erzeugt. Eigentlich Endorphine ausschüttet. Diese selbst produzierenden Morphine wirken einerseits schmerzlindernd, andererseits werden sie auch bei positiven Erlebnissen ausgeschüttet.

Psychologisches Wissen aufbauen

Um dieses Glücksgefühl bei den Usern zu erschaffen, muss man das Ego manchmal ausschalten, denn es geht hier nicht um uns und unsere eigenen Vorstellungen, sondern darum Empathie einzusetzen und sich in den User hineinzuversetzen. Als guter Designer, muss man in der Lage sein, Verhaltensmuster zu interpretieren und zu analysieren und so auf den User eingehen. Man muss sich schon vor und während der Konzeption mit Empathie beschäftigen. Daher stelle ich nun folgende Behauptung auf: Alle Designer sollten ein Psychologiestudium absolviert haben – denn so versteht man die inneren Prozesse der menschlichen Wahrnehmung besser. Es ist die Aufgabe des Designers, der Ästhetik den selbstverständlichen Raum zu geben – der ihr zusteht – und gleichzeitig das psychologische Wissen einzubinden.

Wir müssen bei der Entwicklung des Produktes den User in den Mittelpunkt stellen, denn der Inhalt muss dem entsprechen, was er sich erwartet und braucht. Ideen zur Erleichterung eines Vorgangs entstehen auch, wenn man Dinge hinterfragt. Man muss darüber nachdenken, ob die Umsetzung denn eigentlich Sinn macht, oder ob man sie vielleicht einfacher machen und so einen bestimmten Vorgang erleichtern könnte.

Was ist Empathie

Die Fähigkeit der Empathie müssen wir uns nicht aneignen, denn wir erlernen sie schon bei der Geburt. Das Wort verwendete Robert Vischer erstmals 1873. Er gilt als der eigentliche Pionier auf dem Gebiet der ästhetischen Einfühlungstheorie. Um Empathie nun zu erklären, zitiere ich aus Wikipedia:

Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen und zu verstehen.

Der Amerikaner Paul Ekman (Anthropologe und Psychologe) unterscheidet zwischen emotionaler Empathie und kognitiver Empathie.

Emotionale Empathie

Bei der emotionalen Empathie verspüren wir dasselbe Gefühl wie unser Gegenüber. Das kann Glück, Zuneigung oder Aggression sein. Bestimmt habt ihr schon einmal einen Lachanfall bekommen, wenn jemand im nahen Umfeld lauthals lachen musste. Ein ähnliches Beispiel, bei dem ihr eure emotionale Empathie nützen könnt ist dieses Video. Die Mutter singt ihrem Kind ein Lied vor und das Kind drückt seine Empfindung dazu aus.

Kognitive Empathie

Wir benutzen für unsere Projekte aber hauptsächlich die kognitive Empathie, bei der wir uns in eine andere Person hineinfühlen und versuchen, sie zu verstehen. Hier geht es nicht um Mitleid oder um Zuspruch, sondern um die Aufmerksamkeit, das Zuhören, das Verstehen und das Vertrauen.

Empathie anwenden

Abläufe sind oft zu Standards geworden, sodass Dinge nicht mehr hinterfragt werden. In Wahrheit sollte man sich aber wieder öfter die Frage stellen, ob man das, was man vom User verlangt, denn selbst so machen würde oder ob es hier eine bessere und innovativere Lösung gibt. Im Konkreten geht es auch darum, herauszufinden, was der User für ein Problem hat und welche Lösung man ihm für dieses Problem effektiv bieten kann. Wonach würde er denn googeln und was würde ihn dazu veranlassen, danach zu googeln. Ziel ist es, eine emotionale Beziehung zwischen dem User und dem Produkt zu schaffen.

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Beispiele, bei welchen auf die Bedürfnisse des Users eingegangen wird gibt es – aber noch zu wenige. Hier zeige ich zwei Beispiele auf, in denen der User bedacht wurde.
Emaphieanteil bei Mister SpexBequem von zu Hause aus Brillen virtuell anprobieren.

screenshot
 
Empathieanteil bei Makeup Genius von L`oreal: Überall ausgewählte Produkte oder Styles virtuell schminken lassen.

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Projekt starten

Wie man nun konkret vorgehen kann, um ein empathisches Projekt zu starten, zeige ich in ein paar Punkten auf:

  • Problem verstehen
  • User identifizieren
  • Darauf eingehen, wie man das Problem lösen könnte
  • Kriterien der Erfolgmessung definieren
  • Den User verstehen
  • Bestehende Lösungen hinterfragen
  • In andere Personen hineinversetzen
  • Informationen sammeln und anwenden

Konkrete Anstöße

  • Wie empathisch ist mein Design?
  • Wie sieht ein Webdesign aus, das wie Ecstasy wirkt?
  • Wie fühlt sich der User, wenn er das Bedürfnis hat, diese App oder dieses Webangebot zu nutzen?
  • Wie ist eine hilfsbereite Website aufgebaut?
  • Wie würde der Charakter der Website physisch aussehen?
  • Kann sich der User mit dem Inhalt identifizieren?

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Das alles hängt natürlich mit der User Experience zusammen, welche gar kein „nice to have“ mehr ist, sondern überall enthalten sein muss. In jedem einzelnen Feld der User Experience ist auch die Empathie enthalten.

Eine der höchsten Stufen der Anwendung von Empathie im Design ist es, sich so derartig gut in den User hineinversetzen zu können, dass wir seine Bedürfnisse voraussehen können.

Ich finde es notwendig, dass jeder Designer in der Lage ist, gewisse Aspekte der menschlichen Psychologie der Wahrnehmung in sein Projekt einfließen zu lassen, um eine bestmögliche User Experience zu schaffen und den User in den Mittelpunkt des Projektes zu setzen.


Der Inhalt bezieht sich auf meinen Vortrag auf der Digitalvisions – Eine Konferenz für User Experience Design und Frontend Development, die dieses Jahr im Impact Hub in Wien veranstaltet wurde.

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Stephan

Meine Rolle bei Liechtenecker: langgedienter Frontend-Veteran Wenn es weder IT noch Digitalisierung gäbe, wäre mein Beruf: Förster ohne Kontakt zu Menschen! Mein Herz schlägt für: die Arterien.
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