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7 Gründe, warum wir uns nicht gerne "Agentur" nennen

21. Juli 2015, von Marion

Der gute alte Werber ist, so sagt man, ein Phänomen der 90er und längst überholt. Als ich auf die glorreiche Idee kam etwas „mit Medien“ zu machen faszinierte mich dieses Phänomen jedoch sehr und ich war fast schon ein wenig enttäuscht darüber, dass mir die guten alten Mad Men-Zeiten nur mehr auf meinem Laptop zur Verfügung standen. Als junger Student will man es ja schließlich wissen und wäre auch bereit für ein Leben in einer spannenden und abwechslungsreichen Branche viel an Mühe und Kompromissen einzugehen. Aber keine Sorge, Mühe und Kompromisse werden einem beim Einstieg in die Werbewelt immer noch abverlangt – wobei das Wort Kompromiss, bei den Praktikanten-Gehältern, die einem die großen Agenturen bieten, auch als Synonym für Abzocke verwendet werden kann. Trotzdem sind Erfahrungen der beste Lehrmeister und man muss wohl einmal „Mad Men reloaded“ gespielt haben, um zu sehen wie lange es dauert bis die Seifenblase platzt. Im 21. Jahrhundert wurde das Rauchen in den Büros zwar untersagt, allerdings wären Werber nicht Werber, hätten sie nicht viel aus der „guten alten Zeit“ abgekupfert oder wie sie es sagen würden „neu miteinander kombiniert“.
 
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Zum Glück ist eine der weiteren Neuerungen im 21. Jahrhundert, dass nicht überall das drin ist was draufsteht. Man hat also als junger Einsteiger auch die Möglichkeit, eine Agentur zu finden, auf der zwar Agentur draufsteht, aber in Wahrheit gar nicht so viel vom Agentur-/Mad Men-Spirit drin ist wie man erwartet. Dies war der Seifenblaseneffekt quasi rückwärts – zumindest für mich. Es muss ja solche und solche geben. Darum bin ich mittlerweile in einer „Agentur“ gelandet, die sich eigentlich gar nicht so gerne als Agentur bezeichnet. Den mit diesem Begriff assoziiert man nicht nur die Klischees der 90er, sondern leider auch viele agenturtypische Eigenschaften, die wir nicht zu unserem Alltag zählen. Ich habe mal scharf nachgedacht und bin sogar auf 7 Eigenschaften (für jeden Tag der Woche eine) gekommen, die man einer Agentur gerne (nicht ganz unbegründet) nachsagt, mit denen wir uns aber ganz uns gar nicht identifizieren können bzw. wollen.
 

1. Einzelkämpfertum

Ich habe manchmal das Gefühl die Agenturbranche zieht Einzelkämpfer groß. Man muss sich schließlich beweisen, um nicht in der Masse unterzugehen. In Wahrheit geht es aber nicht um den individuellen Ruhm, sondern darum Projekte zu schaffen die für alle Beteiligten einen Mehrwert darstellen. Bei uns funktioniert das auch ohne Ellbogentechnik ganz gut und meine Ellbogen und unsere Kunden sind dankbar dafür.
 

2. Abzocke ist im Umlauf

Abzocke ist zwar ein hartes Wort doch es trifft in vielerlei Hinsicht den Kern des Geschehens. Wo der Ursprung liegt ist fraglich. Fest steht, dass viele Unternehmen den Preis von Agenturen so stark wie möglich drücken wollen. Vielleicht weil sie denken, dass die „bösen“ Agenturen sie nur abzocken wollen oder weil sie einfach herausgefunden haben, dass sie es können – eigentlich egal. Die Mitarbeiter dürfen meist, mit ihren niedrigen Gehältern, den tatsächlichen Preis dafür zahlen. Dass dies der falsche Weg ist, sieht man oft an den Kampagnen oder der Fluktuation der Mitarbeiter. Für uns steht fest „Qualität hat ihren Preis!“ und diese Denke sollte auch in der Agenturbranche wieder Einzug halten.
 

3. Der Kreativpreis als heilige Kuh

Es ist surreal wie viel Zeit und Energie in Agenturen in die Teilnahme an Kreativwettbewerben gesteckt wird. Viele dieser Einreichungen sind zwar kreativ, haben dem Kunden aber nie einen Cent eingebracht (Awards im Bereich Effizienz mal ausgenommen). Trotzdem sind diese „Preise“ vielerorts noch immer die heilige Kuh mit deren Ablegern man sich den Empfangsbereich oder die Konferenzräume zustellt. Was bleibt ist viel prestigeträchtiger Schick und eine Armee an Staubfängern. Wir setzen auf Preise die weniger platzraubend sind: zufriedene Kunden.
 

4. Der Patriarch fährt mit dem Porsche vor

Gut, das mit dem Porsche ist, der Wirtschaftskrise sei Dank, nicht mehr unbedingt Standard. Allerdings gibt es die Patriarchen, bei denen alles verstummt, wenn sie das Wort erheben, immer noch. Die altehrwürdigen Gründerväter vieler Agenturen leben noch das gute alte Business, in dem Druck und der ein oder andere Wutausbruch, zum guten Ton gehören. Es lässt sich aber auch – man mag es kaum glauben – mit Chefs aushalten, die einen demokratischeren Führungsstil leben und einem auf Augenhöhe begegnen.
 

5. Heimlich warten alle auf den Absprung

Loyalität ist eine Eigenschaft die in der Arbeitswelt immer rarer wird. Das berufliche Nomadentum hat Einzug in viele Branchen genommen. Man zieht für sich zuerst so viel wie möglich raus und dann weiter. Man brüstet sich damit, dass man abgeworben wurde und in der Agenturbranche werden die Namen der Arbeitgeber wie Abzeichen gesammelt. Wenn der Arbeitsalltag in der jeweiligen Agentur dann auch noch durch viel Druck und „nervige“ Kunden geprägt ist (man verzeihe ihnen ihre Anspannung, da sie meist schon den x-ten Beraterwechsel hinter sich haben) fällt es einem natürlich noch leichter auf den nächsten vorbeiziehenden Zug aufzuspringen. Doch wenn das Arbeitsklima und die Einstellung von Chefs und Kunden passt, kann es etwas geben das wichtiger ist als weitere Orden: ein Platz an dem man sich langfristig selbst verwirklichen kann und jeden Tag mit Freude zur Arbeit geht.
 

6. Überstunden…-tage…-wochen

Nach Hause zum Duschen und Schlafen und dann wieder volley zurück in die Agentur. Kein seltener Anblick in der Branche. Mitarbeiter die überarbeitet und müde sind und trotzdem noch kreative und strategisch ausgeklügelte Kampagnen aus dem Hut zaubern sollen. Das lustige ist, dass das ganze auch noch gepusht wird, weil es einen gewissen Lifestyle verkörpert. Ein schneller Espresso oder ein Red Bull, währenddessen noch 10 Mails gecheckt, eine Zigarette geraucht und weiter geht’s – oder so. Timings, die knapper sind als der Rock britischer Touristinnen in Clubs auf Mallorca, sind Agenturalltag. Ein Mitarbeiter betreut unzählige Kunden und das am laufenden Band. Irgendwann bleibt etwas auf der Strecke – sei es die Qualität der Kundenbetreuung oder der Mitarbeiter selbst. Unser Fazit: Wir bevorzugen Qualität vor Quantität.
 

7. Pitch oder Bitch

Der Pitch ist eine beliebte Form für Unternehmen Agenturen zu prüfen. Warum auch nicht. Wer möchte nicht gerne der Hahn im Korb sein, der sich mehrere Shows anschaut und dann entscheidet für welche er bezahlt. Ein System, dass so weit von unserem partnerschaftlichen Zugang entfernt ist, dass wir es am liebsten abschaffen würden. Wie soll eine Beziehung gut funktionieren, wenn schon von Beginn an ein solch ungleiches Machverhältnis der beiden Parteien besteht. Die Agenturen werden damit auf reine Dienstleister reduziert die zu springen haben, wenn sie einen Pfiff wahrnehmen. Wir sehen das Ganze etwas partnerschaftlicher. Unser Ziel ist es, dem Kunden als Berater zur Seite zu stehen und als Sparringpartner auch Grenzen zu setzen – nämlich dann, wenn es für das Projekt und den Mehrwert von Nöten ist.
 
Aber wie gesagt muss es ja solche und solche geben. Im Endeffekt kommt es nur darauf an etwas zu finden, das zu einem passt und wo man jeden Tag gerne hingeht. Mit ein bisschen Glück und dem richtigen Fokus, schafft es sicherlich jeder die richtige Agentur- oder Nicht-Agentur für sich zu finden und dafür ist jede Erfahrung hilfreich. Wenn man nämlich herausfindet was man nicht will, ist man dem was man will schon wieder ein ganzes Stück näher. Ich für meinen Teil bin mittlerweile ganz froh etwas „mit Medien“ gemacht zu haben und dem was „ich will“ auch deutlich näher, um genau zu sein um ganze 7 Schritte ;).
 

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Marion

Meine Rolle bei Liechtenecker: Powerfrau im Bereich Content UX & Innovationsmanagement, Schöpferin von Präsentationen und Workshop Designs Wenn es weder IT noch Digitalisierung gäbe, wäre mein Beruf: Chefin von irgendwas/irgendwem Mein Herz schlägt für: Gute Geschichten, Fashion, gesundes Essen, Reisen, verrückte Menschen, neue Erfahrungen
2 Kommentare.
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21. Juli 2015 um 20:23

Liebe Marion!
Sehr schön geschrieben. Vor allem dein Schlusswort!
Beste Grüße,
Mitch

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    Marion Haidacher
    22. Juli 2015 um 08:27

    Lieber Mitch,
    vielen Dank! Freut mich sehr zu hören 😉

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